ONE vor G20-Treffen: Reform der internationalen Finanzarchitektur dringend notwendig, Deutschland darf nicht blockieren
Neue Studie von ONE: Steigende Zinsen verteuern Kapitalaufnahme für ärmere Länder extrem und verhindern lebenswichtige Investitionen
- Zinssätze für Kredite sind fünfmal so hoch wie die für Darlehen der Weltbank
- Afrikanische Länder müssen 56 Mrd. US-Dollar mehr zahlen für Kredite, die zwischen 2017 bis 2021 auf den Kapitalmärkten aufgenommen wurden
- Die Finanzierungskosten verschärfen die Schuldenkrise, 36 Länder sind stark gefährdet, in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten
- Die G20 müssen dringend handeln, um den Zugang zu erschwinglichem Kapital zu verbessern
Berlin, 07. September 2023. Kurz vor dem G20-Gipfel hat die entwicklungspolitische Organisation ONE eine neue Studie veröffentlicht. Diese zeigt, dass die Kreditaufnahme an Kapitalmärkten afrikanische Länder 500% dessen kostet, was sie zahlen müssten, wenn die Weltbank ausreichend Kredite könnte. Es ist möglich, dass afrikanische Länder 56 Milliarden US-Dollar mehr Zinsen für zwischen 2017 und 2021 am Kapitalmarkt aufgenommene Kredite zahlen müssen als sie für Weltbank-Kredite hätten zahlen müssen. 36 einkommensschwache Länder sind bereits stark gefährdet, zahlungsunfähig zu werden. Werden nicht sofort Reformen umgesetzt, werden immer weniger Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen in der Lage sein, ihre krisengeschüttelten Volkswirtschaften zu sanieren, in lebenswichtige Dienstleistungen wie Gesundheit und Bildung zu investieren oder auf die Klimakrise zu reagieren. ONE ruft die Entscheidungsträgerinnen der G20 daher dringend dazu auf, die Empfehlungen der von ihnen eingesetzten Expertinnengruppen zur Reform der globalen Finanzinstitutionen schnellstmöglich umzusetzen.
Stephan Exo-Kreischer, Direktor und Geschäftsführer von ONE Deutschland, sagt: „Es macht weder politisch noch wirtschaftlich Sinn, dass Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen gezwungen sind, höhere Preise für Kredite zu zahlen, wenn sie gerade versuchen, sich von der Pandemie zu erholen, mit den Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine fertig zu werden und auf die wachsende Bedrohung durch den Klimawandel zu reagieren.“
Mit Blick auf Deutschland fährt Exo-Kreischer fort: „Die gute Nachricht ist: Es gibt Lösungen und die Pläne dafür liegen auf dem Tisch. Wohlhabende und mächtige Länder wie Deutschland dürfen diese Lösungen nicht blockieren. Kanzler Scholz und Finanzminister Lindner müssen sich in Delhi dafür einsetzten, dass die Empfehlungen der unabhängigen G20-Expert*innengruppen umgehend umgesetzt werden. Dazu gehört, dass die nachhaltige Kreditvergabe bis 2030 verdreifacht wird und das sogenannte abrufbare Kapital zumindest zum Teil in die Risikobewertungen einbezogen wird. Hier war bisher die Bundesregierung noch zu zögerlich, obwohl diese Änderung das Kreditvolumen der Weltbank massiv erhöhen würde und die Risiken im Promille-Bereich liegen. Deutschland und die anderen G20-Staaten müssen sich dafür entscheiden, diese Lösungen zu verfolgen – Lösungen, die es den Entwicklungsländern ermöglichen würden, sich zu erholen und zu wachsen, und die auch einen großen Beitrag zu einer globalen grünen Energiezukunft leisten würden.“
Informationen für Journalist*innen:
- Die Studie von ONE finden Sie hier: https://data.one.org/data-dives/data-dive-the-hidden-impacts-of-rising-interest-rates/
- Die Autorin des Berichts, Amy Dodd, steht für Briefings und Interviews zur Verfügung
- Am Freitag, den 8. September 2023, um 15.00 Uhr CET veranstaltet ONE ein virtuelles Pressebriefing (EN) zum G20-Gipfel mit
- Dr Mahmoud Mohieldin – UN Climate Change High-Level Champion für Ägypten und UN Sondergesandter “Financing the 2030 Agenda”
- Bogolo Kenewendo – ehemalige Handelsministerin Botswana, Expertin für internationalen Handel und Entwicklung, UN Climate Change High-Level Champions’ Special Advisor und Afrikadirektorin
- Carlos Alvarado Quesada – ehemaliger Präsident Costa Rica
- Gayle Smith – Geschäftsführerin ONE
- Kalpana Kochhar – Direktorin, Entwicklungspolitik und Finanzen, Bill und Melinda Gates Stiftung und ehemalige Direktorin beim Internationalen Währungsfonds
Es werden folgende Fragen diskutiert:
- Wie lassen sich die Investitionen freisetzen, die zur Bewältigung der größten Herausforderungen der Welt erforderlich sind?
- Wie lassen sich mehr Finanzmittel für den Klimaschutz freisetzen, nachhaltigere Volkswirtschaften aufbauen und das grüne Potenzial der Länder in Afrika erschließen?
- Wie kann die wachsende Schuldenkrise bewältigt werden, wenn Länder mit niedrigem Einkommen gezwungen sind, immer höhere Zinsen zu zahlen?
- Warum die G20 dem Rat ihrer eigenen Expertengruppe folgen muss, die globale Finanzinfrastruktur zu reformieren und das Volumen erschwinglicher Investitionen für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu verdreifachen.
- Was geschieht, wenn nichts getan wird?
Bei Interesse kommen Sie gerne auf uns zu und wir senden Ihnen den Link zum Pressebriefing.
ONE ist eine internationale Bewegung, die sich für das Ende extremer Armut und vermeidbarer Krankheiten bis 2030 einsetzt. Damit jeder Mensch ein Leben in Würde und voller Chancen führen kann. Wir sind überparteilich und machen Druck auf Regierungen, damit sie mehr tun im Kampf gegen extreme Armut und vermeidbare Krankheiten, insbesondere in Afrika. Zudem unterstützt ONE Bürger*innen dabei, von ihren Regierungen Rechenschaft einzufordern. Mehr Informationen auf www.one.org.
Pressekontakt:
Pia Schwaiger: 0151 42051417, [email protected]