ONE zu aktuellen Jamaika-Diskussionen über Entwicklungshilfe: Das 0,7-Prozent-Ziel darf keine Verhandlungsmasse sein
Berlin, 15. November 2017. Bis zur Nacht auf Freitag, den 17. November, wollen die Vertreterinnen und Vertreter von Union, FDP und Bündnis 90/Die Grünen die Sondierungsgespräche über eine mögliche Regierungskoalition abschließen. Offene Fragen gibt es unter anderem bei der Entwicklungspolitik. Ein Streitpunkt ist die Anrechenbarkeit der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit. ONE fordert, dass die Bundesregierung weiterhin 0,7 Prozent seiner Wirtschaftskraft für offizielle Entwicklungshilfe (ODA) aufwendet, auch wenn die inlandsbezogenen Kosten für Geflüchtete zurückgehen.
Stephan Exo-Kreischer, Deutschland-Direktor von ONE, sagt: „Die Tatsache, dass Deutschland im vergangenen Jahr erstmals sein Versprechen eingehalten hat, 0,7 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung für Entwicklungshilfe aufzuwenden, ist ein Erfolg, auf den wir aufbauen müssen. Allerdings wurde dies neben realen Erhöhungen vor allem durch die Anrechnung inlandsbezogener Kosten für Geflüchtete erreicht. Wir fordern, dass die kommende Bundesregierung die Flughöhe von 0,7 Prozent hält, auch wenn die Kosten für Geflüchtete zurückgehen. Das 0,7-Prozent-Ziel darf keine Verhandlungsmasse sein. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für das 0,7-Prozent-Ziel ausgesprochen.“
Ohne die Einberechnung der Kosten für Geflüchtete hätte die deutsche Entwicklungshilfe im vergangenen Jahr bei 0,52 statt bei 0,7 Prozent gelegen. Die Kosten für die Versorgung von Geflüchteten in Deutschland werden voraussichtlich sinken. ONE fordert deshalb, dass der Koalitionsvertrag das Ziel, die 0,7-Prozent während der Legislaturperiode zu halten, festschreibt und die kommende Bundesregierung einen Plan vorlegt, wie dieses Ziel bis 2020 verwirklicht werden kann. „Die primäre Aufgabe von Entwicklungshilfe ist und bleibt die Bekämpfung von Armut und Hunger vor Ort. Langfristig müssen also ‚echte 0,7 Prozent‘ erreicht werden – ohne die Einbeziehung von Geflüchtetenkosten und anderen Schummelposten.“, so Exo-Kreischer.
Exo-Kreischer zu Rehbergs Äußerungen: „Ich frage mich, wer hier realitätsfremd ist.“
Gestern hatte der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Eckhardt Rehberg, die Forderung der Grünen, das 0,7-Prozent-Ziel ohne Einberechnung der Flüchtlingskosten zu halten, mit Verweis auf erhebliche Mehrkosten abgelehnt und als „realitätsfremd“ bezeichnet. Dazu sagt Exo-Kreischer: „Ich frage mich, wer hier „realitätsfremd“ ist. Natürlich sind ‚echte 0,7 Prozent‘ mit kurzfristigen Mehrkosten verbunden. Allerdings stehen diese in keinem Verhältnis zu den langfristigen Kosten, die auf uns zukommen werden, wenn wir nicht entschlossen handeln. Die Bevölkerung unseres Nachbarkontinents Afrika wird sich bis 2050 auf mehr als 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. Werden jetzt die richtigen Maßnahmen und Investitionen insbesondere in die Jugend getätigt, kann das eine Riesenchance für uns sein. Nutzen wir die Chancen dieses Jugendbooms jedoch nicht, werden Afrikas Probleme automatisch zu unseren Problemen.“
ONE ist eine entwicklungspolitische Lobby- und Kampagnenorganisation zur Bekämpfung von extremer Armut und vermeidbaren Krankheiten, insbesondere in Afrika. Im Dialog mit der Öffentlichkeit und politischen Entscheider*innen setzt sich ONE für kluge und effektive Politikansätze und Programme ein, um Aids und andere vermeidbare Krankheiten zu bekämpfen, Investitionen in Landwirtschaft und Ernährung zu erhöhen und mehr Transparenz bei Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu schaffen. Mehr als 8 Millionen Menschen weltweit unterstützen die überparteiliche Arbeit von ONE mit ihrer Stimme. Mehr Informationen gibt es auf www.one.org und auf Twitter: @ONEDeutschland
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