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Detaillierte Reaktion von ONE zu den Ergebnissen des G7-Gipfels

Berlin/Ise Shima. 27. Mai 2016. Nach dem G7-Gipfel in Japan begrüßt ONE, dass die G7 einen Schwerpunkt auf die Unterstützung von Flüchtlingen, Mädchen und Frauen und Menschen, die von Hunger und Krankheiten bedroht sind, sowie auf Menschen in den am wenigsten entwickelten Ländern gelegt haben. Diese angekündigte Unterstützung muss sich in den kommenden Wochen und Monaten in konkreten Maßnahmen wiederspiegeln, insbesondere bei der Finanzierungskonferenz des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria und bei der Zusage neuer Mittel für Flüchtlinge. ONE ruft insbesondere Deutschland auf, ambitionierte Zusagen zu machen. Deutschland hat seinen Beitrag für den Globalen Fonds seit 2008 bei keiner Finanzierungskonferenz erhöht.

Tobias Kahler, Deutschlanddirektor von ONE, sagt: „Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe müssen Hand in Hand gehen. Die Flüchtlingskrisen im mittleren Osten und in Ostafrika sind keine kurzfristigen Probleme. Langfristige humanitäre Katastrophen benötigen langfristige Entwicklungsstrategien, die auch künftige Flüchtlingskrisen verhindern können. Die G7 haben zwar anerkannt, dass es wichtig ist, sich auf die Jugendlichen in den am wenigsten entwickelten Ländern zu konzentrieren. Doch obwohl höhere Mittel zugesagt wurden, haben die meisten G7-Länder kläglich dabei versagt, ihre Entwicklungshilfe zu erhöhen und den dringenden langfristigen Bedarfen von humanitären Krisen und Entwicklungsländern gerecht zu werden.“

ONE begrüßt, dass die G7 zugesagt haben, den Trend umzukehren, dass der Anteil der Entwicklungshilfe sinkt, der in die am wenigsten entwickelten Länder fließt. Tobias Kahler sagt dazu: „Die G7 können und müssen Entwicklungshilfe dahin fließen lassen, wo sie am dringendsten benötigt wird. Die Staats- und Regierungschefs haben die Verantwortung, diejenigen, die am stärksten benachteiligt sind, im Auge zu haben und zu unterstützen.“

Mit Blick auf die Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung fährt Kahler fort: „Es ist erfreulich, dass die G7 ihre Zusage vom vergangenen Jahr erneut bekräftigt haben, bis zum Jahr 2030 500 Millionen Menschen aus Hunger und Mangelernährung zu befreien. Doch sie haben die Chance vertan, die erschreckend niedrigen Finanzierungslevel zur Sicherung der Basisernährung oder die Rechenschaftspflicht für bereits gemachte Versprechen im Bereich Landwirtschaft und Ernährungssicherung zu erhöhen. Das ist ein enttäuschender Mangel an Führungsstärke in diesem Bereich. Wir erwarten von der Bundesregierung als Initiatorin dieser Initiative konkrete Maßnahmen dazu, wie das Ziel erreicht werden soll.“

Im Folgenden finden Sie ONEs detaillierte Einschätzung zu den Gipfelergebnissen in den folgenden Bereichen:

  • Stärkung von Mädchen und Frauen
  • Gesundheit
  • Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung
  • Bewältigung der Flüchtlingskrise und langfristige Entwicklungszusammenarbeit
  • Korruptionsbekämpfung

Stärkung von Mädchen und Frauen:

Armut ist sexistisch. Mädchen und Frauen in Entwicklungsländern sind in so gut wie jedem Bereich benachteiligt – ökonomisch, sozial und physisch –, und es ist entscheidend, dass die Staats- und Regierungschefs diesen Zustand ändern. Die G7 haben in Schloss Elmau der Stärkung von Mädchen und Frauen besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Es ist ermutigend, dass die G7 die Bedeutung der Stärkung on Mädchen und Frauen nun erneut bekräftigt haben. Leider haben sie jedoch nichts Konkretes beschlossen, um die Situation von Mädchen und Frauen zu verbessern. Die G7 sollten die kommenden Gipfel – die Finanzierungskonferenz des Globalen Fonds, die Treffen von Weltbank und Währungsfonds und andere Gipfel – nutzen, um Zusagen zur Stärkung von Frauen und Mädchen zu machen, damit sie sich selbst aus der Armut befreien können.

Armut und Geschlechterungleichheit gehen Hand in Hand. 2016 konnte eine halbe Milliarde Frauen nicht lesen, 62 Millionen Mädchen wird der Zugang zu Bildung verweigert und 155 Länder auf der Welt haben noch immer Gesetze, die Frauen benachteiligen. Die G7 hätten die Gelegenheit gehabt, auf der Initiative vom vergangenen Jahr aufzubauen und mehr Mädchen und Frauen einzubeziehen. Es ist enttäuschend, dass sie die Initiative weder anerkannt haben, noch weitere Maßnahmen zugesagt haben, um das Potential dieser Initiative zu erhöhen. Die Anzahl der afrikanischen Frauen zu erhöhen, die Zugang zu Mikrofinanzierung oder landwirtschaftlichem Training bekommen, wäre ein richtiger Schritt innerhalb dieser Initiative gewesen. Es ist enttäuschend, dass diese Chance vertan wurde.

Gesundheit

Es ist möglich, HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria bis zum Jahr 2030 als Pandemien zu beenden, aber nur, wenn wir mehr in Mädchen und Frauen investieren und den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria dieses Jahr voll finanzieren.

Die G7 haben erneut anerkannt, dass der Globale Fonds das beste Instrument ist, um die Ausbreitung dieser Krankheiten zu verhindern. Wir begrüßen, dass sie sich dazu verpflichtet haben, sicherzustellen, das Finanzierungsziel des Globalen Fonds von 13 Milliarden US-Dollar bei der diesjährigen Finanzierungskonferenz in Kanada zu erreichen. Auch Dank der Arbeit des Globalen Fonds hat die Welt in den letzten 15 Jahren beeindruckende Fortschritte gemacht. Wissenschaftler sehen jetzt die Möglichkeit, diese Krankheiten nicht nur zu stoppen, sondern sie als Pandemien zu beenden. Dafür sind die kommenden Jahre entscheidend. Die Staats- und Regierungschefs haben die historisch einzigartige Chance, zur Beendigung dieser Krankheiten beizzutragen, indem sie im September den Globalen Fonds stark unterstützen.

Japan hat vergangene Woche seinen Beitrag um elf Prozent erhöht, und auch die USA, Kanada und die Europäische Kommission haben bereits ihre Zusagen für den Globalen Fonds gemacht. Jetzt sind Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien am Zug.

Ob die Welt Pandemien und andere Gesundheitskrisen erfolgreich abwehren kann, hängt maßgeblich von der Stärke regionaler, nachhaltiger Gesundheitssysteme und der Anzahl und dem Wissen qualifizierter Gesundheitsfachkräfte ab. Die G7 haben zwar anerkannt, dass stärkere und nachhaltige Gesundheitssysteme nötig sind, sie haben aber keinerlei spezifische Anmerkungen dazu gemacht, wie diese aufgebaut werden sollen. Es ist schockierend, dass die G7 die Tatsache, dass es einen großen Mangel an ausgebildeten Gesundheitsfachkräften gibt, offensichtlich einfach ignoriert haben.

ONE begrüßt die Unterstützung der G7 für die Pandemic Emergency Financing Facility, die sicherstellen soll, dass Epidemien wie der Ebola Ausbruch in Westafrika künftig schnell bekämpft werden können. Verspätungen bei der Bekämpfung von Ausbrüchen verursachen nur noch mehr Leid und erhöhen das Risiko von Gefahren für die ganze Welt. Jetzt muss sichergestellt werden, dass die Finanzierung transparent ist, um nachvollziehen zu können, ob die Regierungen ihre gemachten Zusagen auch einhalten.

Pandemien kennen keine Grenzen und Investitionen in Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt sind eine gemeinsame Notwendigkeit. Starke Gesundheitssysteme sind außerdem die Basis für Wirtschaftswachstum und politische Stabilität und Voraussetzung, um extreme Armut zu beenden.

Bekämpfung von Hunger und Mangelernährung:

Jedes zweite Kind unter fünf Jahren stirbt an einer Krankheit, die eng mit mangelhafter Ernährung zusammen hängt. Dennoch entfällt weniger als ein Prozent der globalen Entwicklungshilfe auf die Bekämpfung von Mangelernährung. Dabei gibt es einfache, effektive und kostengünstige Möglichkeiten, um Mangelernährung zu bekämpfen, die Millionen von Menschenleben retten könnten wie die etwa Gabe von Vitamin A und Stillen.

In den kommenden Monaten sollten die G7 ihre Unterstützung zur Sicherung der Basisernährung ambitioniert erhöhen. Zudem sollten sie ein robustes „Accountability Framework“ für die Zusagen aus dem letzten Jahr, bis 2030 500 Millionen Menschen aus Hunger und Mangelernährung zu befreien entwickeln. Dieses muss Open Data Standards genügen. Weiterhin sollten sie umfassende Rechenschaftsreformen für Investitionen im Bereich Ernährungssicherheit vorschlagen, die es ermöglichen, die Ergebnisse der Dollars, Euros und Yen nachzuvollziehen.

Mangelernährung hat erheblichen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen, die an den ärmsten Orten auf der Welt leben. Einer von fünf Todesfällen während der Geburt ist durch Mangelernährung verursacht. Dieses Leid ist sinnlos und vermeidbar und muss ein Ende haben. Keine Mutter sollte bei der Geburt ihres Kindes sterben.

Bewältigung der Flüchtlingskrise und langfristige Entwicklungszusammenarbeit:

Es ist erfreulich, dass die G7 zugesagt haben, wichtige lebensrettende Unterstützung für Flüchtlinge aufrechtzuerhalten. Wir rufen die Staats- und Regierungschefs auf, ihre Versprechen einzuhalten und sowohl aktuelle Nothilfe zu leisten sowie langfristige Entwicklungshilfebudgets ausreichend zu finanzieren.

Die G7 haben außerdem zugesagt, dass sie nicht nur akute Nothilfe für Flüchtlinge leisten wollen, sondern auch mittel- und langfristigen Bedürfnissen von Flüchtlingen gerecht werden wollen. Dazu gehört ein Bekenntnis, die Staaten, die besonders viele Flüchtlinge beherbergen, dabei zu unterstützen, den Menschen Zugang zu Bildung und Arbeitsmöglichkeiten zu bieten, sie wirtschaftlich und sozial zu integrieren sowie die entscheidenden Durchführungsorganisationen in den betroffenen Ländern – wie UNHCR, WFP und UUNICEF –, die chronisch unterfinanziert sind, finanziell besser auszustatten. Die G7 wollen außerdem die Koordination zwischen Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe verbessern. Eine zügige Umsetzung des „Grand Bargain“, den fast alle G7-Staaten auf dem UN-Nothilfegipfel in Istanbul unterzeichnet haben, könnte wesentlich dazu beitragen.

Der Bedarf an Entwicklungs- sowie humanitärer Hilfe ist auf dem höchsten Stand seit Jahrzenten und er wächst stetig. Wenn sich die aktuellen Trends fortsetzen, werden sich die Kosten im Jahr 2030 alleine für humanitäre Hilfe auf 50 Milliarden US-Dollar jährlich verdoppeln – genau zu dem Zeitpunkt, an dem die Welt die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) erreicht haben will.

Korruptionsbekämpfung:

Entwicklungsländern gehen jedes Jahr mindestens eine Billion US-Dollar auf illegalen Wegen verloren. Bliebe ein Bruchteil dieses Geldes in den Ländern und würde versteuert, könnte damit bessere Bildung und Gesundheitsversorgung finanziert werden.

Die G7 haben zwar anerkannt, dass mehr Transparenz und Korruptionsbekämpfung dringend nötig ist. Enttäuschend ist allerdings, dass keine neuen Verpflichtungen in diesem Bereich eingegangen wurden. Um Geldwäsche und illegale Steuerhinterziehung effektiv zu bekämpfen, wäre eine Einigung auf öffentlich zugängliche Register über die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen und Trusts nötig gewesen.