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ONE begrüßt Addis Tax Initiative

Deutschland sollte nun wichtige EU-Regeln im Kampf gegen Scheinfirmen und Steuerhinterziehung unterstützen

Berlin, 15. Juli 2015. Die entwicklungspolitische Organisation ONE begrüßt den Start der „Addis Tax Initiative“. Nur eine Kombination von mehr Entwicklungshilfe und höheren Eigenmitteln kann sicherstellen, dass jeder Mensch Zugang zu einer ausreichenden Grundversorgung erhält. Eine zielgerichtete Entwicklungszusammenarbeit, welche die Steuersysteme in Entwicklungsländern stärkt, ist daher sehr sinnvoll. Selbst mit gestärkten Steuerbehörden werden afrikanische Regierungen jedoch nur dann die ihnen zustehenden Mittel eintreiben können, wenn effektiver gegen Scheinfirmen und Steuerhinterziehung vorgegangen wird. Hier gibt die Addis Tax Initiative Entwicklungsländern eine eher vage Zusage, sie in den Automatischen Steuerinformationsaustausch einzubeziehen. Diese Zusage, die im G7/8-Rahmen bereits seit Jahren unerfüllt blieb, sollte nun zügig vor allem auch den ärmsten Ländern gegenüber eingehalten werden. Weitere wichtige Zusagen im Kampf gegen Scheinfirmen fehlen ganz.

Tobias Kahler, Deutschlanddirektor von ONE, bewertete die Tax Initiative positiv: „Die Grundlagen dafür zu schaffen, dass Entwicklungsländer ihre Eigenmittel erhöhen können, ist wichtig, damit gemeinsame Entwicklungsanstrengungen fruchten und nachhaltig sind. Um extreme Armut bis zum Jahr 2030 zu beenden, muss jedem Menschen bis zum Jahr 2020 ein Basispaket mit Gesundheits-, Bildungs- und Sozialleistungen im Wert von 500 US-Dollar zugänglich gemacht werden. Das ist nur möglich, wenn Entwicklungsländer ihre Steuerquoten erhöhen und Geberländer ihren Entwicklungsversprechen nachkommen. Die Entwicklungshilfe sollte vor allem in die am wenigsten entwickelten Länder fließen, denn diese sind weit entfernt von einer ausreichenden Grundversorgung. Liberia etwa wendet pro Jahr nur 6 US-Dollar pro Person für Gesundheits-, Bildungs- und Sozialleistungen auf.“

ONE schlägt vor, die Zielsumme für das Basispaket flexibel zu halten: Die 27 Länder, die aktuell weniger als 150 US-Dollar aufwenden, sollten 300 US-Dollar als Zwischenziel haben. Aktuell fehlen dafür 152 Milliarden US-Dollar, davon 34,5 Milliarden US-Dollar in den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs). Würde die Lücke zwischen der aktuellen Steuerquote und einer durchschnittlichen Ziel-Steuerquote von 20 Prozent bis zum Jahr 2020 halbiert, könnte dies die Eigenmittel in 46 Entwicklungsländern um 106,9 Milliarden US-Dollar steigen lassen, in den LDCs allein um 14,4 Milliarden US-Dollar.

Addis Tax Initiative reicht nicht aus, um Steuerflucht effektiv zu bekämpfen

„Die Erhöhung von Eigeneinnahmen durch bessere Steuersysteme ist allerdings nur die eine Seite der Medaille“, ergänzt Tobias Kahler. „Auf der anderen Seite stehen Themen wie Steuerflucht durch Scheinfirmen. Die angekündigten Maßnahmen innerhalb der Tax Initiative reichen nicht aus. Um Steuerhinterziehung effektiv zu bekämpfen und Kriminellen, die über Scheinfirmen dringend benötigtes Geld aus Entwicklungsländern abziehen, das Handwerk zu legen, sind zwei Dinge nötig: die Veröffentlichung der wirtschaftlich Berechtigten in einem öffentlich zugänglichen Register sowie eine verpflichtende länderbezogene Berichterstattung für alle multinationalen Konzerne. Hier hätten die europäischen Initiatoren der Addis Tax Initiative bestehende EU-Bemühungen unterstützen müssen. Bis das nicht geschieht, werden afrikanische Steuerbehörden im Trüben fischen – wenn auch mit besseren Netzen.“

ONE fordert von den Regierungsvertretern in Addis Abeba außerdem:

  • Einigung auf ein „Basis-Paket“ für Mindestausgaben für Gesundheit, Bildung und Sozialleistungen in Entwicklungsländern. Diese sollten jährlich zwischen 300 und 500 US-Dollar pro Kopf betragen.
  • Nationale Ziel-Steuerquoten für Entwicklungsländer, damit diese höhere Eigeneinnahmen erzielen und die Grundversorgung ihrer Bürger ermöglichen können. ONE empfiehlt eine Mindeststeuerquote von 20 bis 24 Prozent – je nach wirtschaftlicher Kapazität des Landes. Der Abstand zwischen den aktuellen Steuerquoten und der nationalen Zielmarke sollte bis 2020 halbiert werden.
  • Maßnahmen gegen Geldwäsche und Steuerflucht, damit Steuerbehörden in Entwicklungsländern Steuern endlich effektiv eintreiben können. Dazu zählt ein öffentliches Register der „wirtschaftlich Berechtigten“, die sich hinter Scheinfirmen verstecken. Außerdem sollten auch die Steuerbehörden in am wenigsten entwickelten Ländern zügig Zugang zum automatischen Steuerinformationsaustausch bekommen. Durch Korruption und illegale Finanzabflüsse entgehen Entwicklungsländern jährlich mindestens 19,5 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen.

Über ONE

ONE ist eine Lobby- und Kampagnenorganisation zur Bekämpfung von extremer Armut und vermeidbaren Krankheiten, insbesondere in Afrika. Im Dialog mit der Öffentlichkeit und politischen Entscheidern setzt sich ONE für kluge und effektive Politikansätze und Programme ein, um Aids und vermeidbare Krankheiten zu bekämpfen, Investitionen in Landwirtschaft und Ernährung zu erhöhen und mehr Transparenz in Armutsbekämpfungsmaßnahmen zu schaffen. Knapp 7 Millionen Menschen unterstützen die überparteiliche Arbeit von ONE mit ihrer Stimme. Mehr Informationen auf www.one.org oder folgen Sie uns auf Twitter: @ONEDeutschland

Pressekontakt: Karoline Lerche, Tel.: 030-319 891 576, 0173/2490094, [email protected]