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Neuer ONE DATA-Bericht: Budgets für Entwicklungshilfe sind wegen Flüchtlingskrise ausgereizt

ONE warnt vor zunehmender globaler Instabilität durch Vernachlässigung von Armutsbekämpfung

Berlin. 21. September 2016. Die entwicklungspolitische Organisation ONE warnt in ihrem aktuellen Data Bericht „Eine Welt im Wandel braucht starke Antworten“ vor zunehmender globaler Instabilität. Noch nie zuvor gab es zeitgleich so viele humanitäre Krisen und entwicklungspolitische Herausforderungen wie heute. Noch immer leben nahezu 900 Millionen Menschen in extremer Armut, also von weniger als 1,90 US-Dollar am Tag. Der Bedarf an humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit ist höher denn je, und er steigt täglich. Die Budgets der Entwicklungshilfe sind bis zum Äußersten angespannt. Es sind nicht genug Finanzmittel vorhanden, um aktuelle Krisen und internationale Armutsbekämpfung gleichzeitig zu finanzieren. Hinzu kommt, dass viele Staaten die Mittel, die eigentlich für die Bekämpfung extremer Armut auf der Welt gedacht sind, für die Versorgung von Flüchtlingen im Inland ausgeben. Die wichtigsten Ergebnisse finden Sie hier: http://bit.ly/2cR1GIt 

„Wird Entwicklungshilfe weiter zweckentfremdet, kann sich der Kreislauf der extremen Armut und der extremen Ideologie verstärken. Dies kann langfristig Instabilität und Risiko für die ganze Welt bedeuten. Außerdem setzen wir die großen Erfolge bei der Bekämpfung von vermeidbaren Krankheiten und der HIV/Aidsbekämpfung aufs Spiel“, sagt Stephan Exo-Kreischer, Deutschland-Direktor von ONE. 2015 wendeten die OECD-DAC-Staaten insgesamt 12 Milliarden US-Dollar an Entwicklungshilfe für Flüchtlinge im Inland auf anstatt für den Kampf gegen extreme Armut in Entwicklungsländern. Das ist fast doppelt so viel wie die Geberstaaten 2014 auf dem gesamten afrikanischen Kontinent für Gesundheit ausgaben. „Flüchtlingen muss geholfen werden“, sagt Exo-Kreischer weiter, „Allerdings darf das Geld für die Unterstützung der geflüchteten Menschen im Inland nicht aus dem Topf kommen, dessen Ziel die Beendigung extremer Armut in Entwicklungsländern ist. Ein Beispiel: Deutschland allein hat im vergangenen Jahr mehr Geld für die Versorgung von Flüchtlingen im eigenen Land aufgewendet, als von der gesamten Gebergemeinschaft nach Äthiopien floss.“

DATA-Bericht zeigt: Deutschlands Entwicklungshilfe 2015 angestiegen, Hilfe für Subsahara-Afrika ist jedoch gesunken

Deutschlands Entwicklungshilfe (Official Development Aid – ODA) lag 2015 bei knapp 16 Milliarden Euro. Damit ist sie um knapp 30 Prozent im Vergleich zu 2014 gestiegen. 2,7 Milliarden Euro davon waren allerdings Kosten für Flüchtlinge im Inland. Abzüglich dieser Kosten, stieg die ODA 2015 nur um 8,56 Prozent. Sorge bereitet zudem, dass die Hilfe für die Länder südlich der Sahara, um knapp 2,5 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro gesunken ist.

Dennoch gebührt Deutschland Lob: Alle Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen im Inland wurden im Gegensatz zu vielen andern Ländern zusätzlich zu der bestehenden Entwicklungshilfe geleistet. Damit wurde zwar die ODA-Quote auf 0,52 Prozent künstlich aufgebläht (0,43 Prozent ohne diese Ausgaben), aber es wurden keine Mittel von lebensrettender Entwicklungshilfe abgezogen.

Auf www.one.org/map finden Sie interaktive Karten, die visualisieren, wo die meisten Flüchtlinge leben und welchen Anteil an Entwicklungshilfe Aufnahmeländer für Flüchtlinge im Inland aufwenden.

ONE: Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe müssen ins Zentrum der Außen- und Sicherheitspolitik rücken

Es ist wichtiger denn je, die Lebensbedingungen der Menschen in armen und fragilen Staaten zu verbessern. Schätzungen zufolge werden 2018 mehr als die Hälfte der extrem armen Menschen in fragilen Staaten leben. Instabilität und Unsicherheit hat 2015 eine Rekordzahl von 65,3 Millionen Menschen zur Flucht veranlasst. Halten die Trends an, werden sich die Kosten der humanitären Hilfe bis 2030 auf 50 Milliarden US-Dollar verdoppeln – zu dem Zeitpunkt, an dem die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG) erreicht werden sollen.

Die internationale Gemeinschaft muss einen Weg finden, diese Herausforderungen politisch und finanziell zu bewältigen. Dabei muss Transparenz oberste Priorität haben, um Mittelflüsse nachzuverfolgen. Aktuell gibt es kein einheitliches System für die Nachverfolgung von Mitteln, Fortschritten, Ergebnissen oder der Einhaltung von Zusagen von Staaten und Flüchtlingsorganisationen.

Stephan Exo-Kreischer unterstreicht: „Es ist nicht weniger als ein Paradigmen- und Politikwechsel nötig: Um Flüchtlingen helfen zu können und tödliche Krankheiten und extreme Armut zu beenden, müssen Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe ins Zentrum der Außen- und Sicherheitspolitik rücken.“

Empfehlungen aus dem Bericht:

  1. Aufstockung der Finanzmittel für langfristige Entwicklungszusammenarbeit und für humanitäre Hilfe in Entwicklungsländern, besonders in solchen, die Flüchtlinge beherbergen.
  2. Kosten zur Versorgung von Flüchtlingen im Inland müssen zusätzlich zu Entwicklungshilfe sein.
  3. Verbesserung der Datenbasis und Rechenschaftspflicht rund um alle Hilfsgelder (Entwicklungshilfe und humanitäre Hilfe), Verbesserung der Langfristigkeit, Flexibilität und Transparenz von Hilfsgeldern, um einen effektiven Einsatz zu gewährleisten.

Über den DATA-Bericht