Neuer ONE-Bericht vor G20-Konferenz in Berlin: „Afrikas Jahrhundert“
Wie die Welt mit der Bevölkerungsverdopplung in Afrika umgeht, wird unser aller Zukunft beeinflussen
Berlin, 8. Juni 2017. Wie die globale Gemeinschaft auf die wachsende jugendliche Bevölkerung in Afrika reagiert, wird den Lauf der Geschichte beeinflussen. Dies ist die Kernaussage des Berichts „Afrikas Jahrhundert“, der heute von der entwicklungspolitischen Organisation ONE veröffentlicht wird. Der Bericht wird mit Blick auf die G20-Konferenz „Partnerschaft mit Afrika“ veröffentlicht, die vom 12. – 13. Juni in Berlin stattfindet.
„Afrikas Jahrhundert” zeigt, dass die junge Bevölkerung Afrikas die junge Bevölkerung aller G20-Staaten im Jahr 2050 zahlenmäßig überholt haben wird. Dies birgt große Chancen, aber nur, wenn die globale Gemeinschaft jetzt partnerschaftlich zusammenarbeitet, um die Situation optimal zu nutzen. Ohne ein abgestimmtes globales Handeln, insbesondere der afrikanischen Regierungen und der G20, ist diese Chance vertan und die Welt riskiert massive Konsequenzen für die regionale und globale Stabilität.
Doch durch eine gemeinsame Strategie und Investitionen in Beschäftigung, Bildung und Beteiligung können ausreichend Jobs und Wachstumsperspektiven geschaffen werden, was einen Anstieg des afrikanischen Bruttoinlandsprodukts um 500 Milliarden US-Dollar für die nächsten 30 Jahre nach sich ziehen kann. Dies kann wiederum das globale Wachstum ankurbeln.
Jamie Drummond, Mitgründer von ONE, sagt: „Die afrikanische Bevölkerung wird sich bis 2050 mehr als verdoppeln, die Hälfte der Menschen wird unter 25 Jahre alt sein. Zu diesem Zeitpunkt wird die jugendliche Bevölkerung Afrikas außerdem zehn Mal so groß sein wie die der Europäischen Union. Die Frage ist, was diese vielen Jugendlichen machen werden, wie sie denken und was sie wollen. Sie werden nicht nur Afrikas Zukunft bestimmen, sondern auch die Europas und der Welt – wir müssen unsere Investitionen in ihre Zukunft verdoppeln, denn es ist auch unsere Zukunft. Eine neue G20-Partnerschaft historischen Ausmaßes ist dafür grundlegend und muss Ergebnis von Deutschlands G20-Gipfel sein.“
Die G20-Konferenz „Partnerschaft mit Afrika” ist ein wichtiger Moment der deutschen G20-Präsidentschaft. Dort werden die „Compacts mit Afrika“ präsentiert. Diese Vereinbarungen zwischen einem oder mehreren G20-Staaten und einem Entwicklungsland sollen ausländische Direktinvestitionen erleichtern, um dadurch die Beschäftigungsentwicklung durch den Privatsektor anzukurbeln. Aktuell sind Compacts mit fünf Staaten vorgesehen: Elfenbeinküste, Marokko, Ruanda, Senegal und Tunesien.
Wie der Bericht „Afrikas Jahrhundert“ von ONE darlegt, müssen diese Compacts auf fragile Staaten und die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs, Least Developed Countries) ausgeweitet werden: Zwischen 2015 und 2035 wird das Wachstum der Erwerbsbevölkerung in fragilen Staaten und in am wenigsten entwickelten Ländern mit 77 Prozent sehr viel höher sein als in anderen afrikanischen Ländern (60 Prozent). Gleichzeitig sind diese Länder maßgeblich für die Stabilität ganzer Regionen.
Stephan Exo-Kreischer, Deutschland-Direktor von ONE, sagt dazu: „Es ist durchaus sinnvoll, dass die G20 sich zunächst darauf konzentrieren, Privatinvestitionen in den afrikanischen „Löwenstaaten“ anzukurbeln, aber es wäre falsch, wenn sie es dabei beließen. Sie müssen sich darauf einigen, dass bald eine zweite Welle von fragileren Staaten mit einbezogen wird. In fragilen Staaten ist die extreme Armut am größten. Hier einen Umschwung durch die G20-Compacts zu erreichen, ist immens wichtig. Die G20-Compacts können zudem nur ein Teil des Puzzles sein, das die neue Partnerschaft mit Afrika bildet. Auch Bildung, insbesondere Mädchenbildung, muss innerhalb dieser Partnerschaft Priorität haben ebenso wie der Kampf gegen Korruption. Europa sollte beispielsweise eine Anti-Geldwäsche-Richtlinie verabschieden, die afrikanischen Bürgern erlaubt, das Geld aufzuspüren, das durch Korruption verschwunden ist. Insgesamt müssen die G20 und die afrikanischen Regierungen Investitionen in Bildung, Beschäftigung und Beteiligung verdoppeln – inländische wie ausländische, öffentliche wie private.“
ONE wird während der G20-Konferenz „Partnerschaft mit Afrika” am 12./13. Juni in Berlin vor Ort sein. ONEs Mitgründer Jamie Drummond, ONE Deutschland-Direktor Stephan Exo-Kreischer und ONEs Frankreich-Direktorin Friederike Röder stehen für Interviews und Hintergrundgespräche auf Deutsch, English und Französisch zur Verfügung.
Bitte kontaktieren Sie hierfür:
Karoline Lerche: [email protected]; +491732490094 (deutsch + englisch)
Annabel Hervieu: [email protected]; +33631228968 (französisch + englisch)
Scherwin Saedi: [email protected]; +4915203771429(deutsch + englisch)
Die wichtigsten Ergebnisse des Berichts:
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Afrikas Bevölkerung wird sich bis 2050 auf 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln; die Hälfte davon wird unter 25 Jahre alt sein. Innerhalb der nächsten 100 Jahre wird sich die Zahl der Menschen, die in Afrika leben, voraussichtlich vervierfachen.
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Bis 2050 wird Afrika die jüngste Bevölkerung der Welt beherbergen. Es wird dort zehnmal so viel Unter-25-Jährige geben wie in Europa.
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Innerhalb der nächsten 20 Jahre wird die junge Bevölkerung zahlenmäßig größer sein als die Gesamtbevölkerung der Europäischen Union.
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In den nächsten 50 Jahren wird es in Afrika mehr junge Menschen (1,4 Milliarden) geben als in allen G20-Ländern zusammen (1,3 Milliarden).
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In Afrika repräsentiert die Jugend 37 Prozent der Menschen im erwerbsfähigen Alter; ihr Anteil an der Arbeitslosenzahl des gesamten Kontinents beträgt allerdings 60 Prozent.
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Mehr als die Hälfte der fragilen Staaten weltweit befinden sich in Afrika (37 von 56). 28 der fragilen Staaten in Afrika gehören zudem auch zu den am wenigsten entwickelten Ländern (LDCs).
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Zwischen 2015 und 2035 wächst die Zahl der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in fragilen Staaten um 77 Prozent (verglichen mit 60 Prozent in nicht-fragilen Staaten).
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130 Millionen Mädchen haben weltweit keinen Zugang zu Bildung. Jeder Schulabbrecherin in Europa stehen 27 Schulabbrecherinnen in Afrika gegenüber. Um eine ausgebildete und qualifizierte Bevölkerung zu fördern, die ein Motor für das Wachstum Afrikas sein wird, muss sich das ändern.
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Mit den richtigen politischen Maßnahmen (u.a. Korruptionsbekämpfung, Verbesserung der Infrastruktur und der Schaffung von Arbeitsplätzen) haben afrikanische Regierungen die Möglichkeit, hochwertige Jobs zu schaffen für die 450 Millionen neuen Arbeitskräfte, die bis zum Jahr 2035 auf den Arbeitsmarkt strömen werden (22,5 Millionen pro Jahr).
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Eine Verdopplung der Investitionen in Bildung, Beschäftigung und Beteiligung kann innerhalb der kommenden 30 Jahre zu einem Wachstum des afrikanischen Bruttoinlandsprodukts um jährlich 500 Milliarden US-Dollar führen. Dies entspricht etwa einem Drittel seiner bisherigen Wirtschaftsleistung.
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Im Jahr 2034 wird Afrika eine größere Erwerbsbevölkerung haben als China oder Indien.
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In Subsahara-Afrika ist Wachstum im Agrarsektor elfmal effektiver bei der Bekämpfung von Armut als Wachstum in anderen Bereichen.
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Das Konsumvolumen von afrikanischen Haushalten und Unternehmen wird bis 2025 einen Umfang von 5,5 Billionen US-Dollar haben. Derzeit importiert Afrika ein Drittel seiner Konsumgüter. Mit einer Verbesserung der Produktionsbedingungen in Afrika könnten afrikanische Unternehmen drei Viertel der potentiellen Nachfrage in Afrika selbst bedienen. Mit fortschreitender Industrialisierung können in diesem Bereich 14 Millionen neue Jobs innerhalb der nächsten 10 Jahre geschaffen werden.
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Wenn die Unternehmen und Regierungen Afrikas das volle Potential des Internets nutzen, könnte dies zu einer Erhöhung der afrikanischen Wirtschaftsleistung von 300 Milliarden US-Dollar bis 2025 führen.