Haushaltsplanung der Bundesregierung: Die GroKo übt „Vertragsbruch“
ONE warnt vor dramatischem Rückgang der Entwicklungshilfequote
Berlin, 02. Mai 2018. Heute Mittag verkündete Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) den Beschluss des Bundeskabinetts über den diesjährigen Haushalt, die Eckwerte des Bundeshaushalt 2019 sowie die Finanzplanung bis 2022. Entgegen der Vereinbarungen im Koalitionsvertrag sieht die Finanzplanung bereits im kommenden Jahr ein Absinken der Quote für Investitionen in Entwicklungszusammenarbeit vor. Die Entwicklungsorganisation ONE schlägt Alarm.
Stephan Exo-Kreischer, Deutschland-Direktor von ONE, sagt: „Das hätten wir nicht erwartet. Trotz starker Wirtschaft und sprudelnder Steuereinnahmen sinkt die ODA-Quote. Dabei steht es schwarz auf weiß im Koalitionsvertrag: Ein Absinken der ODA-Quote soll bereits 2018 verhindert werden. Nachdem sie 2017 bereits von 0,7 auf 0,66 Prozent gefallen war, wird die Bundesregierung in diesem Jahr gerade so 0,5 Prozent erreichen. 2019 wird sie dann unter diese Marke fallen und damit sogar unter das Niveau des Jahres 2015 – Tendenz weiter sinkend. Ein krasser Widerspruch zu dem, was Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart hatten und ein offenbar krudes Verständnis vom Sinn von Quoten-Vereinbarungen. Das 0,7-Prozent-Ziel scheint vollends vergessen. Die Haushaltsplanungen sind nichts anderes als ein Vertragsbruch unter Federführung des Finanzministers Olaf Scholz. Leidtragende sind die Menschen, die von extremer Armut betroffen sind.“
Die Bundesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag erneut dazu verpflichtet, 0,7 Prozent seiner Wirtschaftskraft für Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden. Mit Ausnahme der USA und der Schweiz haben sich alle OECD-Staaten sowie die Länder der EU zu diesem Ziel bekannt. Jedes Land soll damit einen fairen Beitrag zur Bekämpfung extremer Armut gemessen an seiner Wirtschaftskraft leisten. Man spricht hier von der sogenannten ODA-Quote (Official Development Assistance). Dieses Ziel hatte Deutschland 2016 zum ersten und einzigen Mal erreicht – allerdings auch unter Einbeziehung der stark gestiegenen Kosten für Geflüchtete im Inland (IDRC, In-Donor Refugee Costs). Diese Kosten sanken bereits 2017 und werden voraussichtlich weiter sinken. Aber selbst unter Nichtberücksichtigung dieser Kosten sinken die Entwicklungsgelder. In absoluten Zahlen wird das Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) in diesem Jahr zwar einen starken Aufwuchs von 8,54 auf 9,4 Milliarden Euro verzeichnen. Wegen der derzeit starken wirtschaftlichen Entwicklung und dem Absinken der IDRC, wird dies allerdings zu keinem Anstieg der ODA-Quote führen. Von 2019-2021 wird das BMZ-Budget nach derzeitigen Planungen danach sogar effektiv sinken, von 9,2 auf 8,6 Milliarden Euro.
Dazu sagt Exo-Kreischer: „Betrachtet man die Bevölkerungsentwicklung Afrikas, ist diese Entscheidung nicht nur moralisch falsch, sondern auch strategisch unklug – für Deutschland und Europa. Die Bevölkerung auf unserem Nachbarkontinent wird sich bis 2050 auf 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln. Die Hälfte von ihnen wird keine 25 Jahre alt sein. Wenn wir dort heute nicht investieren, verpassen wir die Gelegenheit für eine echte Partnerschaft mit Afrika, die zum Vorteil für Afrika, Europa und Deutschland sein wird. Es liegt in unserem eigenen Interesse, zu einer positiven Entwicklung auf dem afrikanischen Kontinent beizutragen. Ein Schlüssel hierzu sind ausreichende Investitionen in die Entwicklungszusammenarbeit. Bis zum Sommer müssen die Haushaltsplanungen deutlich nachgebessert werden. Jetzt ist der Bundestag am Zug. Wir hoffen, dass dort der langfristige Nutzen von Entwicklungszusammenarbeit höher bewertet wird als im Finanzministerium.“
ONE ist eine entwicklungspolitische Lobby- und Kampagnenorganisation zur Bekämpfung von extremer Armut und vermeidbaren Krankheiten, insbesondere in Afrika. Im Dialog mit der Öffentlichkeit und politischen Entscheidern setzt sich ONE für kluge und effektive Politikansätze und Programme ein, um Aids und vermeidbare Krankheiten zu bekämpfen, Investitionen in Landwirtschaft und Ernährung zu erhöhen und mehr Transparenz bei Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu schaffen. Über 9 Millionen Menschen unterstützen die überparteiliche Arbeit von ONE mit ihrer Stimme. Mehr Informationen gibt es auf www.one.org und auf Twitter: @ONEDeutschland
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