Eckwertebeschluss: NGOs warnen vor Kürzungen im Entwicklungsetat
„Corona-Krise zeigt, wie wichtig es ist, in starke Gesundheitssysteme zu investieren“
Berlin, 17. März 2020. Morgen veröffentlicht das Bundesfinanzministerium von Olaf Scholz den Eckwertebeschluss der Bundesregierung. In einem gemeinsamen Appell warnen sechs deutsche Entwicklungsorganisationen Scholz davor, die Mittel zur Bekämpfung extremer Armut und vermeidbarer Krankheiten zu kürzen. Die UN-Nachhaltigkeitsziele könnten so nicht erreicht werden. Eine Kürzung stünde auch in starkem Widerspruch zum Koalitionsvertrag.
Die Entwicklungsorganisationen Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW), Global Citizen, ONE, OXFAM Deutschland, Plan International Deutschland und Save the Children Deutschland appellieren gemeinsam an die Bundesregierung:
„Jedes Jahr bei der Veröffentlichung des Eckwertebeschlusses kann sich Olaf Scholz scheinbar plötzlich nicht mehr an den Koalitionsvertrag erinnern. Wir nehmen das nicht hin. Wir fordern nicht mehr und nicht weniger als die Einhaltung des Koalitionsvertrags. Konkret heißt das: Mehr Investitionen für die Bekämpfung extremer Armut und die Stärkung von Gesundheitssystemen. Nur so können wir die Menschen auf der Welt erreichen, die Unterstützung benötigen. Mit seinem wirtschaftlichen und politischen Gewicht ist der globale Einfluss Deutschlands erheblich, um die UN-Nachhaltigkeitsziele bis 2030 zu erreichen. Die Bundesregierung muss endlich ihrem Versprechen nachkommen, 0,7 Prozent seiner Wirtschaftskraft für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stellen. Ein Beispiel ist die Nutzung der Mittel aus der geplanten Finanztransaktionssteuer. Schreitet Deutschland hier voran, werden andere Länder folgen.“
Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf geeinigt, ein Absinken der sogenannten ODA-Quote zu verhindern. Die ODA-Quote misst den Anteil der Wirtschaftsleistung, die in die Entwicklungszusammenarbeit investiert wird. Die Große Koalition wollte zudem darauf hinarbeiten, das international vereinbarte Ziel zu erreichen, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden. 2018 betrug die deutsche ODA-Quote 0,61 Prozent – Tendenz sinkend. Ohne die Einrechnung der Kosten für Geflüchtete im Inland betrug sie sogar lediglich 0,51 Prozent. Außerdem hatten Union und SPD beschlossen, Mehreinnahmen im Verhältnis von 1:1 in Entwicklung einerseits und Verteidigung andererseits zu investieren. Auch hier werden die NGOs genau hinschauen.
Zur aktuellen Corona-Krise äußert sich das Bündnis wie folgt:
„Wie damals bei der Ebola-Epidemie macht heute das Coronavirus deutlich, wie wichtig es ist, in starke Gesundheitssysteme zu investieren. Länder wie Deutschland sind robust genug, um ihre Bürger*innen grundlegend zu versorgen und so die Folgen der Epidemie abzumildern. Anders sieht es in Staaten aus, die am stärksten von Armut betroffen sind. Breitet sich das Coronavirus großflächig zum Beispiel in den Ländern Subsahara-Afrikas aus, wird für viele Menschen jede Hilfe zu spät kommen. Auch die Wirtschaft vieler Staaten könnte kollabieren. Darum ist es wichtig, die richtige Vorsorge jetzt zu treffen. Organisationen wie die Impfallianz Gavi helfen gerade Entwicklungsländern dabei, ihre Gesundheitssysteme robuster zu machen, um besser gegen vermeidbare Krankheiten gewappnet zu sein. Sie müssen daher finanziell voll ausgestattet werden.“
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ONE ist eine internationale Bewegung, die sich für das Ende extremer Armut und vermeidbarer Krankheiten bis 2030 einsetzt. Damit jeder Mensch ein Leben in Würde und voller Chancen führen kann. Wir sind überparteilich und machen Druck auf Regierungen, damit sie mehr tun im Kampf gegen extreme Armut und vermeidbare Krankheiten, insbesondere in Afrika. Zudem unterstützt ONE Bürger*innen dabei, von ihren Regierungen Rechenschaft einzufordern. Mehr Informationen auf www.one.org.
Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) ist eine international tätige Entwicklungsorganisation. Unser Ziel ist es, zu einer zukunftsfähigen Bevölkerungsentwicklung beizutragen. Wir engagieren uns für die Umsetzung des Menschenrechts auf Familienplanung. Insbesondere unterstützen wir junge Menschen in Ostafrika dabei, selbstbestimmte Entscheidungen über ihre Sexualität und Verhütung zu treffen. Gleichzeitig bringen wir uns auf nationaler und internationaler Ebene in politische Entscheidungsprozesse in den Bereichen Gesundheit, Familienplanung und Gleichstellung der Geschlechter ein. Mehr Informationen auf www.dsw.org.
Global Citizen ist eine Kampagnenorganisation mit dem Ziel, extreme Armut bis zum Jahr 2030 weltweit zu beenden. Unterstützt werden wir dabei von Millionen Global Citizens rund um den Globus, die sich auf unseren Plattformen über entwicklungspolitische Themen informieren und dadurch inspiriert werden, an unseren Aktionen teilzunehmen. Seit Global Citizen im Jahr 2011 mit der Kampagnenarbeit begann, sind Global Citizens mehr als 25 Millionen Mal aktiv geworden. Diese Aktionen haben zu Zusagen von Regierungen, Institutionen und Unternehmen in Höhe von über 48 Milliarden US-Dollar geführt, die bis heute das Leben von 880 Millionen Menschen verbessert haben. Um die Umsetzung der Global Goals der Vereinten Nationen voranzutreiben, haben wir unsere bisher größte Kampagne namens “Global Goal Live: The Possible Dream” ins Leben gerufen, die am 26. September 2020 mit einem 10-stündigen Medienevent und Festivals auf fünf Kontinenten ihren Höhepunkt finden wird. www.globalcitizen.org/de
Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund 20 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 3.600 lokalen Partnern in mehr als 90 Ländern. Mehr unter www.oxfam.de
Plan International ist eine unabhängige Organisation der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe. Mädchen und Jungen sollen weltweit die gleichen Rechte und Chancen haben und ihre Zukunft aktiv gestalten. Um das zu erreichen, setzen wir in unseren Partnerländern effizient und transparent Projekte zur nachhaltigen Gemeindeentwicklung um und reagieren schnell auf Notlagen und Katastrophen, die das Leben von Kindern bedrohen. In mehr als 75 Ländern arbeiten wir Hand in Hand mit Kindern, Jugendlichen, Unterstützenden und Partnern jeden Geschlechts, um unser globales Ziel zu erreichen: 100 Millionen Mädchen sollen lernen, leiten, entscheiden und ihr volles Potenzial entfalten. Die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen bestärken uns in unserem Engagement.
Save the Children ist als größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in mehr als 120 Ländern tätig. Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen Schule und Bildung, Schutz vor Ausbeutung und Gewalt sowie Überleben und Gesundheit – auch in Katastrophensituationen. Save the Children setzt sich ein für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet. Eine Welt, in der alle Kinder gesund und sicher leben und frei und selbstbestimmt aufwachsen können. Mehr Informationen auf www.savethechildren.de.
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Global Citizen: Friederike Meister: +49 171 73644 70, [email protected]
Oxfam: Nicolai Link: +49 30 45 30 69 712 | +49 177 73 75 288, [email protected]
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Save the Children: Susanne Sawadogo: +49 (30) 27 59 59 79 120, [email protected]