Mit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie stehen wir plötzlich vor noch nie da gewesenen Herausforderungen. Kein Wunder also, dass das weltweit kluge Köpfe auf den Plan ruft: Mit ihren kreativen Ideen sagen Erfinder*innen dem Virus den Kampf an. Egal ob der Mangel an medizinischer Ausrüstung, das Einhalten von Hygiene- und Abstandsregeln oder der Austausch von Informationen: Wir stellen euch sieben Geschichten von Erfinder*innen vor, die für all das eine Lösung gefunden haben.
1. Der freundliche Pflegeroboter aus dem Senegal
„Docteur Car“ heißt der Pflegeroboter, den vier junge Gründer aus Dakar im April 2020 entwickelt haben. Die Ingenieur-Studenten um Lamine Mouhamed Kébé und Mohamed Gueye arbeiteten gerade an Schließfächern mit WLAN, als Covid-19 auch Afrika erreichte. Kurzerhand hatten sie das Bedürfnis etwas tun zu müssen und ihnen kam die Idee zu dem innovativen Pflegeroboter. So kann Docteur Car Essen und Medikamente verteilen, wie auch den Blutdruck und die Temperatur der Patient*innen messen. Ausgestattet mit einer Kamera, kann der Pflegeroboter durch Ärzt*innen gesteuert werden. Das macht es möglich, dass der Roboter nicht nur im Krankenhaus zum Einsatz kommt, sondern auch Patient*innen in entlegenen Orten behandeln kann. Dabei spricht Docteur Car vier Sprachen: Englisch, Französisch, Wolof und Pulaar. Wenn sich der freundliche Helfer von einem*r Patient*in mit einem „gute Besserung“ verabschiedet, hat er gleichzeitig medizinisches Personal vor dem Ansteckungsrisiko mit Covid-19 geschützt.
2. Italien: Wenn die Tauchausrüstung Teil der Beatmungsgeräte wird
Als die Masken für bestimmte Beatmungsgeräte knapp wurden, griff das Unternehmen Isinnova aus Brescia, dem Norden von Italien, die Idee eines früheren Chefarztes auf: Kurzerhand wandelte es die Schnorchelmasken des Sporthersteller Decathlon in die dringend benötigten Masken um. Dazu nutzte das Unternehmen einerseits die Easybreath-Modelle, da sie das Gesicht komplett umschließen. Andererseits entwickelte es die passenden Ventile zur Umrüstung, die mithilfe eines 3D-Druckers hergestellt werden können. Die Anleitung dazu stellt das Unternehmen aus Brescia auch online zur Verfügung.
Nach den Berichten italienischer Medien kamen die modifizierten Masken in mehreren Krankenhäusern zum Einsatz: Dort wurden sie zur Beatmung, aber auch zum Schutz des Personals eingesetzt.
3. Vietnam: Neuntklässler baut Desinfektionsgerät für die gesamte Gemeinde
Schon bevor der erste Covid-19-Fall Vietnam erreicht hatte, war der 14-jährige Chung in seinem Dorf für seinen Erfindergeist bekannt: So repariert er leidenschaftlich gerne kaputte Radios oder Handys. Kein Wunder also, dass Chung seine Fähigkeiten nutzen wollte, um zur Bekämpfung der Pandemie einen Beitrag zu leisten. Nachdem auch die Schulen in Vietnam geschlossen hatten, fing Chung an, einen automatischen Hand-Desinfektionsapparat zu entwickeln. Dafür entwarf er zunächst einen Prototyp, bevor er die Bauteile online von seinem eigenen Ersparten kaufte. Das fertige Gerät ist ausgestattet mit einem Infrarotsensor: Sobald eine Person die Hand unter den Spender hält, reagiert der Sensor und gibt eine bestimmte Menge an Desinfektionsmittel aus. So kann unnötiger Hautkontakt mit dem Spender vermieden werden und zur Eindämmung des Virus beitragen.
Mittlerweile steht das fertige Modell im Büro des Gemeinderates und Chung ist für eine weitere clevere Idee in seiner Gemeinde bekannt geworden.
4. Junger Tüftler aus Marokko erfindet klugen Mund-Nasen-Schutz
Auch in Marokko kam der junge Tüftler Muhammad mit einer ausgefuchsten Idee um die Ecke: eine Maske, die sich von alleine auf Mund und Nase setzt. Dafür hat der Schüler ein Gestell mit einem Sensor entwickelt, in das eine Gesichtsmaske eingespannt ist. Sollte sich dem*r Träger*in jemand weniger als 1,5 Meter nähern, setzt das Gerät dem*r Träger*in automatisch die Maske auf Mund und Nase. Mit dieser Erfindung möchte der Junge vor allem Menschen helfen, die unter freiem Himmel in heißen Umgebungen arbeiten.
Doch Muhammad hatte noch mehr Ideen, um während des Lockdowns keine Langeweile aufkommen zu lassen. So entstand eine intelligente Brille mit eigenem Sensor. Sie schlägt Alarm , sobald sich jemand dem*r Trägerin auf weniger als 1,5 Meter nähert. Auch hiermit hofft der Elfjährige, zur Eindämmung des Virus beitragen zu können.
5. Deutsche Wissenschaftler*innen helfen bei Beatmungshilfen aus
Auch hierzulande wurden einige kluge Köpfe aktiv, als medizinische Ausrüstung knapp wurde. Wissenschaftler*innen der Universität Marburg fanden einen Weg, Beatmungshilfen schnell und günstig herzustellen. Dafür nutzen sie sogenannte Ambu-Bags – Beatmungsballons, die von Notärzt*innen manuell gedrückt werden. Angeschlossen an der einer neu entwickelten Konstruktion mit Motor, werden die Ballons regelmäßig mechanisch zusammengedrückt. Für das Gestell nutzen die Wissenschaftler*innen bewusst einfache Materialien wie Holz. Damit ist die Lösung auch in entlegeneren Teil der Welt einsetzbar. Mit einigen Youtube-Videos als Inspiration erhoffen sich die Tüftler*innen, dass die Konstruktion vielerorts Anwendung findet.
6. Äthiopien: Wenn die Armbanduhr vor Covid-19 warnt
In vielen Ländern gibt es mittlerweile eine App, die vor einer möglichen Ansteckungsgefahr mit Covid-19 warnt. In Äthiopien hat ein kluger Tüftler noch einen Schritt weitergedacht: Ezedine Kamil hat ein Gerät entwickelt, dass den*die Träger*in daran erinnert, sich nicht ins Gesicht zu fassen. Das Gerät ist mit einem Sensor ausgestattet und kann einfach am Arm getragen werden – ähnlich zu einer Armbanduhr. Ezedine beschreibt seine Erfindung als multifunktional: Wird das Gerät am Gürtel getragen, gibt es Alarm, sobald der Mindestabstand von 1,5 Meter nicht eingehalten wird.
Mit einem automatischen Seifenspender, der auch manuell funktioniert, hat Ezedine einen weiteren praktischen Helfer entwickelt. Sollte es zu einem Stromausfall kommen, kann der Spender mit einem mechanischen Pedal bedient werden – und Stromausfälle kommen häufiger in Äthiopien vor. Mittlerweile stehen 15 Modelle in Banken und Krankenhäusern in Ezedines Gemeinde Welkite.
Trotzdem erreichen Ezedines Erfindungen nur langsam die lokale Bevölkerung, da ihm aktuell noch die notwendige finanzielle Unterstützung fehlt.
7. Kenia: Wenn das Sammeln von Informationen Leben retten kann
Zugegebenermaßen: Unsere letzte Erfindung, die dem Virus den Kampf ansagt, ist nicht komplett neu. Bereits 2019 wurde Juliana Rotich mit dem Deutschen Afrikapreis für ihre Open-Source-Plattform Ushahadi ausgezeichnet. Ushahidi ermöglicht seinen Nutzer*innen Ereignisse hochzuladen und zeitlich sowie geografisch zu verorten. So fand die Plattform bspw. Anwendung in Julianas Heimat, als in Folge der umstrittenen Präsidentschaftswahlen Ende 2007 blutige Unruhen in Kenia ausbrachen.
Während der Covid-19-Pandemie entfallen die Nutzungsgebühren für Ushahidi. Nun wird die Plattform von zahlreichen Menschen genutzt, um einander zu helfen und zu informieren. So fand die Plattform auch Anwendung in Spanien und Italien als die Epizentren zu Beginn der Pandemie in Europa: Menschen sammelten mit Ushahidi Informationen, welche Regionen am stärksten betroffen waren und wo Hilfe dringend benötigt wurde. Bereits im März waren so mindestens 160 Karten weltweit entstanden, die die aktuellen Entwicklungen zu Covid-19 in verschiedenen Teilen der Welt zusammenführen.