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Coffee Talk mit der Kaffee-Kooperative: Starke Frauen, starker Kaffee

Die Kaffee-Kooperative ist ein deutsch-afrikanisches Social Business im Kaffee-Sektor. Während der Kaffee von den Produzent*innen in Eigenverantwortung angebaut, geröstet und verpackt wird, übernimmt die Kaffee-Kooperative den Vertrieb des Fairtrade-Kaffees anschließend in Deutschland. In ihrem Gastbeitrag von Charlotte Lonitz wird erklärt, wie ihr Business mehr Gleichberechtigung in der Kaffeeproduktion fördert. Der Artikel gibt nicht zwangsweise die Meinung von ONE wieder. 

Wie eine eigene Kaffeemarke Frauen zu selbstbestimmten Produzentinnen macht und für mehr Gleichberechtigung im Kaffeebusiness sorgen kann

„Kaffee ist Männerbusiness!“ war (und ist) eine weit verbreitete Auffassung im Kaffeegeschäft weltweit. Kein Wunder, denn der Besitz von Kaffeepflanzen lag traditionell bei den männlichen Familienmitgliedern und auch die Schlüsselpositionen in der Produktion des „schwarzen Goldes“ waren fast immer in Männerhand.

Das, obwohl Frauen schon immer die eigentlichen Leistungsträgerinnen im Kaffeesektor waren: Sie erledigen rund 70 Prozent der körperlich anstrengenden Arbeiten wie Saat, Aufzucht, Ernte der Kaffeepflanzen sowie das Schälen, Waschen und Auslesen der Bohnen. Bis zu 15 Stunden arbeiten sie täglich, da nach der anstrengenden Feldarbeit meist noch Haushalts-, Erziehungs- und Pflegeaufgaben hinzukommen.

Gebückte Frau. Sie schaut in die Kamera und bearbeitet die Erde.

Frauen wie Thacianna erledigen den Großteil, rund 70 Prozent, der Feldarbeit im Kaffeeanbau (Foto: Charlotte Lonitz)

Strukturelle Benachteiligung in der Kaffeeproduktion

Trotz allem können Frauen meist nicht gleichberechtigt an der Wertschöpfung aus der Kaffeeproduktion teilhaben. Dies hat verschiedene Gründe:

  • Besitz: Weniger als 15 Prozent der landwirtschaftlichen Anbaufläche ist im Besitz von Frauen. Das ist beim Kaffee leider nicht anders, auch hier werden das Land und die Kaffeebäume meist an die männlichen Nachfahren vererbt. Hinzu kommt, dass Frauen oftmals erschwerten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten wie Krediten haben, um sich neue Investitionen zu leisten.
  • Arbeitsteilung: Die Arbeitsteilung entlang der Wertschöpfungskette ist sehr ungleich und typische Geschlechterrollen sind hier noch sehr dominant: Frauen erledigen den Großteil der vorgelagerten Arbeiten (Anbau, Ernte und Auslese), die jedoch in der Regel nicht allzu viel Geld abwerfen. Die späteren Aktivitäten wie Transport, Verkauf oder Qualitätskontrolle, die mehr Gewinn erbringen sowie mehr Einfluss und Ansehen genießen, sind männerdominiert: Hier belegen Frauen im Durchschnitt nur 10-20 Prozent der Positionen.[1] In den Führungsrollen des Kaffeesektors sind Frauen weltweit unterrepräsentiert und die Aufstiegschance für sie sind meist gering.
  • Einkommen: Die unterschiedliche Verteilung der Arbeit entlang der Produktionskette sowie die ungleiche Besitzlage führt logischerweise auch zu ungleichen Einkommen. Eine Studie aus Ostafrika fand heraus, dass die Einkommensunterschiede zwischen männlichen und weiblichen Kaffeebäuer*innen, die gender pay gap, hier bei 39 Prozent liegt.[2]

Frauengeführte Alternativen

Doch es formiert sich schon seit einiger Zeit Widerstand. Kaffeeproduzentinnen fordern mehr Gleichberechtigung, Anerkennung und Mitbestimmungsrechte. 2003 gründete sich zum Beispiel die International Women’s Coffee Alliance (IWCA), ein internationaler Zusammenschluss von Kaffeebäuer*innen, -röster*innen und -händler*innen, der global für die Sichtbarkeit und Belange von Frauen im Kaffeesektor eintritt.

Sitzende Frau. Verschiedene Gefäße im Hintergrund

Angelique Karekezi, seit zwölf Jahren Geschäftsführerin von RWASHOSCCO (Rwanda Smallholder Specialty Coffee Company), einem Verband von sechs Kooperativen in Ruanda (Foto: Denyse K. Uwera)

Zur ruandischen Abteilung der IWCA gehört auch Angelique Karekezi. Sie ist seit 2008 Geschäftsführerin von RWASHOSCCO, dem ruandischen Kooperativenverbund mit dem wir zusammenarbeiten. Da sie die Lage der Frauen im ruandischen Kaffeebusiness mehr als gut kennt, schlug sie uns 2016 vor: Warum nicht eine Marke schaffen, die zu 100 Prozent von Frauen hergestellt wird?

Gesagt, getan. Gemeinsam mit den Frauengruppen der Kooperativen lancierten wir die Marke „Angelique’s Finest“. Von der Bäuerin bis zur Designerin und Geschäftsführerin – dieser Kaffee wird komplett unter der Kontrolle von Frauen produziert. Hinzu kommt: Die Marke, womit heutzutage hohe Gewinne im Kaffeebusiness gemacht werden, gehört den Produzentinnen. Alle wichtigen diesbezüglichen Entscheidungen werden von ihnen getroffen und alle Gewinne daraus fließen direkt und indirekt an die Produzentinnen zurück.

Frau hält Verpackung in der Hand. Bäume im Hintergrund.

Kaffeebäuerin Laurence Mukakabera stolz mit der Angelique’s Finest-Packung (Foto: Denyse K. Uwera)

Kaffee & Empowerment

Doch welche Wirkung zeigt dies für die Frauen?

  1. Eigenes Einkommen

Für alle Kaffeekirschen, die die Bäuerinnen für Angelique‘s Finest abliefern, erhalten sie eine direkte Bezahlung sowie eine „Frauenprämie“. So erhalten die Frauen mehr Hoheit darüber, wie und wofür sie ihr Geld ausgeben. Das wiederum bedeutet mehr Selbstständigkeit und finanzielle Unabhängigkeit.

  1. Besitz

Um ihre Kaffeekirschen als „Frauenkaffee“ in die Produktion für Angelique‘s Finest einfließen zu lassen, müssen die Kaffeesträucher den Bäuerinnen auch gehören. Dies hat viele Ehemänner dazu veranlasst, ein Teil ihres Besitzes auf ihre Ehefrauen umschreiben zu lassen – mit nachhaltigen positiven Folgen und mehr Absicherung für die Frauen in Zukunft.

  1. Aufstiegschance

Durch die gestiegene Aufmerksamkeit werden Frauen vermehrt Weiterbildungen zur Rösterin, Cupperin (Testerin), Qualitätsmangerin oder Logistikerin angeboten und sie als solche eingestellt.

Frau gebeugt über Kaffeebohnen. Sie hält Bohnen in der Hands und riecht an diesen.

Chefrösterin Eugenie Mukandanga kontrolliert den Geruch der frisch gerösteten Bohnen in der Rösterei in Kigali (Foto: Denyse K. Uwera)

Zwei Frauen schauen auf ein Handy. Die Linke Frau hält Zettel und Stift in der Hand. Im Hintergrund tragen zwei Frauen Säcke. Sie befinden sich in einer Lagerhalle.

Die Qualitätsmanagerinnen Eugenie Mukandanga und Emerthe Mukabavugirije bei der Vorbereitung der Exporte (Foto: Denyse K. Uwera)

  1. Soziale Anerkennung und Partizipation

Dadurch, dass sie durch den „Frauenkaffee“ eine neue Einkommensquelle für die Kooperativen, die Familien und das Land als Ganzes schaffen, wird den Frauen mehr gesellschaftliche Anerkennung Teil. Die Produzentinnen finden, dass ihre Stimme nun mehr gehört wird. Es hat sie auch ermutigt, sich auf allen Ebenen der Kooperativen stärker einzubringen, wodurch sie aktiver an den Entscheidungsprozessen mitwirken. Heute findet man in vielen Vorständen und Leitungspositionen eine zunehmend ausgeglichenere Verteilung der Geschlechter.

  1. Stolz & Selbstbewusstsein

Der Fakt, dass sie mit Angelique‘s Finest ihr eigenes Produkt herstellen, das auf dem internationalen Markt Beachtung findet, erfüllt die Frauen mit Stolz und Selbstbewusstsein, was sich auch auf andere Bereiche des Lebens auswirkt.

  1. Gemeinschaftswachstum

Studien belegen, dass Frauen den Großteil ihres Einkommens in die Familie reinvestieren. So verbessern sie nachhaltig das Wohlergehen aller Mitglieder ihrer Gemeinschaft, beispielsweise in den Aspekten Ernährung, Gesundheit und Bildung.

Zwei Frauen, zwei Männer, ein Kind stehen vor einer Hauswand. Die Frauen halten das Kind den Händen.

Bäuerin Valerie Mukashyaka mit ihrer Familie – das gesteigerte Einkommen der Frauen kommt der gesamten Gesellschaft zugute (Foto: Denyse K. Uwera)

Fazit

Dieses Beispiel zeigt, dass Frauen aus ihrer „unsichtbaren“ Position im Kaffeegeschäft heraustreten und eine aktive, selbstbestimmte Rolle darin spielen können. Frauen produzieren nicht nur starken qualitätsvollen Kaffee, der Kaffee macht sie auch stärker. Davon profitieren im Endeffekt alle: die Produzentinnen, ihre Männer und Kollegen, ihre Gemeinschaften und die Konsumierenden.

Das Bild am Anfang des Beitrages zeigt: Kaffee ist Teamwork. Frauen der Kooperative Dukundekawa aus Musasa (Ruanda) tragen gemeinsam die getrockneten Kaffeebohnen (Foto: Maxim Schulz/BRIGITTE)

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