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IKhaya Le Langa: Neue Perspektiven und Jobs für junge Männer in Südafrika

Unsere Gastautorin Megan Gieske ist eine Schriftstellerin und Fotografin, die in Kapstadt, Südafrika lebt.

Die Organisation IKhaya Le Langa setzt sich dafür ein, jungen Männern in Südafrika eine berufliche Perspektive zu geben. Wir stellen dir die Arbeit der Organisation vor.  

 Tony Elvin, Gründer von IKhaya Le Langa, sitzt in seinem 50er-Jahre-Restaurant „The Sun Diner“ im Wohnviertel Langa, was „Sonne“ bedeutet. Rechts und links vom Restaurant stehen zwei zu Buden umfunktionierte Container, einer davon in hellem Kobaltblau. Elvin füttert einen Welpen, den er am Vortag am Tor von IKhaya Le Langa aufgelesen hat. IKhaya ist Zulu und bedeutet „Haus“. Und tatsächlich ist das IKhaya Le Langa für viele junge Menschen hier so etwas wie ein Zuhause. 

Elvin möchte, dass sich die Ambassador von IKhaya Le Langa hier zu Hause fühlen. Sie sollen das Gefühl haben, aufgefangen zu werden, und dass jemand an sie und ihre Träume glaubt. 

 „Den Samen für meine heutige Arbeit hat meine Mutter gesät, denn sie hat mir immer das Gefühl gegeben, dass ich etwas Besonderes bin, dass ich geliebt werde und dass ich alles im Leben erreichen könne“, erzählt Elvin. „Genau dafür steht dieser Ort.“ 

Die gemeinnützige Organisation IKhaya Le Langa ist ein Ort für junge Männer aus Langa. Hier bekommen sie Mentoring, Förderung für ihre Ideen und psychologische Unterstützung durch einen klinischen Sozialarbeiter. „Ich kann ihre Traumata und das Umfeld, aus dem sie stammen, nicht heilen“, sagt Elvin. „Doch in der Zeit, in der sie hier sind, bekommen sie eine warme Mahlzeit, Hoffnung und Kameradschaft.“ 

  

Langa bietet kaum Perspektiven für junge Männer 

Elvin stammt aus Großbritannien. 2004 war er das erste Mal in Südafrika. Vor zehn Jahren ist er nach Langa gezogen. Schnell fiel ihm auf, wie viele junge talentierte Männer an Straßenecken und Taxiständen herumlungerten, anstatt ihren Träumen nachzugehen. „Es ist erstaunlich, wie viele junge Menschen es [in Langa] es gibt, die singen oder tanzen können oder anderweitig kreativ sind“, sagt er. „Deshalb frage ich mich: Was genau läuft in diesem Township schief?“  

Die Jugendarbeitslosigkeit im Land liegt bei sagenhaften 59 Prozent und laut dem ONE Africa COVID-19 Tracker leben 18,7 Prozent der Bevölkerung in extremer Armut. Die letzte Volkszählung ergab, dass nur 40,1 Prozent der Bewohner von Langa die Highschool abschließen.  

Angesichts der Verhältnisse in dem Stadtteil und des enormen kreativen Potenzials der jungen Menschen dort fragt Elvin: „Wie kommt es, dass ein solch großartiges Viertel in einer der reichsten Städte auf dem afrikanischen Kontinent nicht in der Lage ist, Hundertausende Jobs zu schaffen und zu erhalten?“   

Elvin erklärt, dass viele der älteren Männer in Langa noch immer auf ihre Chance warten. Es gebe eine Art ungeschriebenes Gesetz, das besagt, dass sich junge Männer wie Asekho und Sifiso, beides Ambassador von IKhaya Le Langa, hinten anstellen müssten. 

„In Langa gibt es für diese Männer nur sehr wenige Chancen und das ist eine der Folgen“, erzählt Elvin. 

Als Ursachen nennt Elvin Bereicherung der Eliten, institutionellen und strukturellen Rassismus, einen Mangel an männlichen Vorbildern, Gang-Kultur, Drogen sowie generationsübergreifende Traumata und Missbrauch. „In jedem Dorf und in jeder Gemeinde kommt es vor, dass öffentliche Mittel bei den wohlhabenden Eliten landen. Für ärmere Bezirke wie Langa hat diese illegale Bereicherung jedoch stärkere Folgen“, erklärt Elvin.  

Das erste „Social Entreprise Precinct“  

„Ich weiß genau, wie sich diese jungen Männer fühlen, weil ich selbst als Schwarzer aufgewachsen bin“, sagt Elvin. „Dieses Gefühl, vermeintlich nutzlos und unwichtig zu sein, hat mich selbst sehr lange begleitet. Wir sind hier in Südafrika, wo der Rassismus gesetzlich verankert war. Diese Jungs müssen einfach begreifen, dass Schwarzsein etwas Positives ist. Gerade in diesem Land hat man ihnen viel zu lange erzählt, dass das nicht der Fall wäre.“ 

„In Südafrika spricht man noch heute von ‚swart gevaar‘ – schwarzer Gefahr“, erklärt Elvin. „Dieser Propagandabegriff aus der Ära der Apartheid hält sich hartnäckig. Wer einen Schwarzen sieht, verbindet das noch heute automatisch mit einer Bedrohung. Deshalb haben wir uns bewusst entschieden, diesen Ort als einen ‚nachhaltigen Schwarzen Raum‘ zu bezeichnen.“ Um den Stadtteil vom Stigma des „Township“ zu befreien, nennt Elvin das Viertel außerdem nur „Langa Quarter„Mit dem Langa Quarter haben wir das erste Social Entreprise Precinct in Südafrika gegründet“, sagt Elvin. Die Idee besteht darin, die Prinzipien des sozialen Unternehmertums „Mensch, Umwelt und Gewinn“ auf ganze Wohngebiete anzuwenden und aus jedem der 500 Haushalte im Langa-Quartier eine Art von Sozialunternehmen zu machen. „Das Langa Quarter ist der Prototyp eines ‚Social Entreprise Precinct‘ (SEP), eines Gemeindeentwicklungsmodells, in dem die Prinzipien ‚Mensch, Umwelt und Gewinn‘ in all unsere Aktivitäten und Entscheidungsprozesse eingebunden werden“, erklärt Elvin. 

„Es gibt hier sehr viele junge Menschen mit enormem Potenzial. Doch was passiert, wenn ein junger Mensch sein Potenzial nicht entfalten kann? Dann gibt er sich selbst dafür die Schuld.“

Hinter den Mauern von IKhaya Le Langa 

IKhaya Le Langa wirkt wie eine Oase inmitten des hektischen Treibens vor seinen Mauern. Sobald man durch das Tor tritt, wird man von freundlich lächelnden „Botschaftern“ begrüßt, die einen mit hoffnungsvoll leuchtenden Augen anstrahlen. Sie bewegen sich ruhig, aber entschlossen und mit einer beeindruckend fokussierten Energie über das Gelände. 

Einer dieser Ambassador ist der 18-jährige Sifiso. Er sagt, dass ihn die drei Jahre als „Botschafter“ verändert haben. Jetzt möchte er Reiseführer werden. „Während des Corona-Lockdowns haben wir mittags für Obdachlose im Viertel gekocht“, sagt Sifiso. „Das war eine bereichernde Erfahrung.“ Mit dem „Lockdown Lunch Club“ von IKhaya Le Langa konnte die Organisation täglich 50 warme Mahlzeiten für Bedürftige bereitstellen. 

 

  

Sifiso und die anderen jungen Männer in IKhaya Le Langa werden motiviert, eigene Geschäftsideen zu entwickeln und den Space zu nutzen, um ihre Träume zu verwirklichen. Der eine ist Künstler, ein anderer produziert Musik, doch sie alle bekommen hier persönliche und soziale Kompetenzen vermittelt und lernen einen besseren Umgang mit sich selbst und anderen. „Im Fokus stehen bei uns Freiwilligkeit, persönliche Entwicklung und wirtschaftliche Aktivität“, sagt Elvin. 

Er hofft, dass dieses Modell nicht nur in allen 73 südafrikanischen Townships, sondern überall auf der Welt eingeführt wird. Elvin plant, das „Institute for Sustainable Township Enterprise Development“ (InSTED) zu gründen, um weiterzugeben, was er während seiner zehnjährigen Tätigkeit in Langa gelernt hat.   

„Wir waren das erste Township in Südafrika und begehen demnächst unser 100-jähriges Bestehen“, erzählt er. „In den anderen 73 Townships leben insgesamt 11,6 Millionen Menschen – ein Viertel der Landesbevölkerung. Ich freue mich darauf, vielen jungen Leuten wie den Jungs hier zu zeigen, was wir in Langa tun und wie aus der Community heraus ein Wandel bewirkt werden kann.“ 

  

Nachhaltiger Wandel  

„Was mir an IKhaya Le Langa gefällt, ist, dass junge Leute hier die Chance auf ein besseres Leben für sich und ihre Gemeinde bekommen“, sagt der 28-jährige Asekho. Der ehemalige Ambassador kam vor fünf Jahren nach IKhaya Le Langa und arbeitet heute hier als Haus-Barista. 

Seine Vision ist es, regionale Zutaten und südafrikanische Traditionen in seine Kaffeekreationen einfließen zu lassen. Im Garten neben dem Café zeigt er auf impepho, eine einheimische Pflanze mit entgiftenden Eigenschaften. „Die Inspiration für diese Idee stammt von meinen Freunden, der Community und meiner Heimat am Ostkap“, erzählt Asekho, als er sich seinen Weg durch die vielen kleinen Hochbeete bahnt, in denen Kräuter und Gemüse wachsen. 

Gründer Tony Elvin träumt davon, isiXhosa-Sprachkurse, Märkte, Events und jeden ersten Donnerstag im Monat einen „First Thursday Langa“ mit einem kostenlosen Shuttleservice zu den größten Kunstgalerien von Kapstadt zu organisieren. Seit Kurzem nimmt IKhaya Le Langa außerdem afrikanische Flüchtlinge von der Global Education Movement als Praktikanten auf. 

„Wir rufen aktuell viele neue Aktivitäten ins Leben, die an die neue Normalität der Pandemie angepasst sind“, sagt Elvin. Dazu gehöre die Ausrichtung auf den nationalen Tourismus, vor allem aber auch der Fokus auf Sauberkeit, Sicherheit und Umweltschutz. 

Neue Jobs und Perspektiven   

„Wir schaffen neue Arbeitsplätze in Langa, vor allem für die unteren Bevölkerungsschichten“, erzählt er. Zu den neuen Initiativen und Partnerschaften gehören iClass Media Langa, eine Videoproduktionsfirma, SAKOIA, ein Online-Shop für hochwertige afrikanische Produkte, und Eclectic IKasi, ein Laden, der Jutetaschen aus upgecycelten Kaffeesäcken, Gemüse aus Stadtteilgärten und Werke des hauseigenen Künstlers, Tozamile Mnapu, verkauft. „Wir wollen den Kapstädtern gute Gründe liefern, regelmäßig nach IKhaya Le Langa und Langa zurückzukommen“, sagt Elvin. 

 Auf die Frage, wie ihn seine Zeit im IKhaya Le Langa geprägt habe, antwortet Asekho: „Ich habe mich persönlich weiterentwickelt und bin Unternehmer geworden. Das ist definitiv einer der größten Erfolge in meinem Leben. Alles, was ich gelernt und erreicht habe, verdanke ich IKhaya Le Langa.” 

Eine Dokumentation über IKhaya Le Lange findest du hier.

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