Die globale Entwicklungszusammenarbeit hat vielerorts signifikante Erfolge erzielt. Ein besonderes Beispiel ist die globale Gesundheitspolitik: Allein die Produktion und Verteilung von Impfstoffen hat in den letzten 50 Jahren 154 Millionen Menschenleben gerettet. Doch derartige Erfolge sind bedroht: Anstehende Kürzungen gefährden die Erhaltung unserer bisherigen Errungenschaften und die Zukunft der globalen Gesundheit. Um das zu verhindern, müssen die wirksamsten Organisationen und Ansätze priorisiert werden.
Durch globale Gesundheitspolitik zukünftige Pandemien verhindern
Dies ist ein Gastbeitrag zu Gesundheitspolitik des ehemaligen ONE-Jugendbotschafters Gabriel Hanrieder. Er hat Governance & Public Policy mit einem Schwerpunkt auf Entwicklungsökonomie studiert. Nach seinem Ehrenamt bei ONE 2021, hat er Anfang diesen Jahres den gemeinnützigen Verein Kooperation Global mitgegründet. Kooperation Global setzt sich für eine evidenzbasierte und wirkungsorientierte Entwicklungszusammenarbeit ein. Dazu entwickeln sie gemeinsam mit Politiker*innen, Wissenschaftler*innen, und Praktiker*innen in der Entwicklungszusammenarbeit praktikable Lösungen, die es ermöglichen, hochwirksame Projekte durchzuführen und noch mehr Menschen bessere Lebenschancen zu eröffnen.
In den letzten 50 Jahren sind 154 Millionen (!) Menschenleben durch die Arbeit von Organisationen wie der globalen Impfallianz Gavi und dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids ,Tuberkulose, und Malaria gerettet worden. 60 % dieser Menschen waren Kinder, 59 Millionen sind wohl allein durch den Globalen Fonds erreicht worden. Dennoch stehen diese Organisationen vor der Gefahr, bald wegen der Sparmaßnahmen von Staaten wie Deutschland deutlich weniger Mittel zur Verfügung gestellt zu bekommen. Deutschland hat dabei nicht nur die moralische Verantwortung, sondern auch selbst ein großes Interesse daran, in globale Gesundheitspolitik zu investieren, denn so stärken wir auch unsere eigene Sicherheit. Die COVID-19-Pandemie hat uns eindrücklich vor Augen geführt: „No one is safe until all of us are safe.“ Nur durch umfassende, globale Gesundheitsinitiativen können wir zukünftigen Pandemien effektiv entgegenwirken.
Mittel in der Gesundheitspolitik kosteneffektiv einsetzen
Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag zu den Zielen bekannt, 0,7% des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen, 0,2% des BNE für die einkommensschwächsten Länder zu geben, und die Beiträge zu multilateralen Organisationen zu stärken. All dies scheint nach den aktuellen Haushaltsplänen aber unerreichbar. Gerade in Zeiten dieser Kürzungen und der globalen Polykrise müssen wir daher sicherstellen, dass die vorhandenen Mittel möglichst kosteneffektiv eingesetzt werden. So können wir verhindern, dass weniger Menschen geholfen wird – möglicherweise können wir sogar mehr Menschen erreichen. Denn: Sich auf Evidenz zur Wirksamkeit zu stützen kann Vorhaben um mindestens 50% effektiver machen! Ein klares Commitment zu einer möglichst wirksamen Verwendung der Mittel ist daher unerlässlich.
Entscheidend für die möglichst wirksame Verwendung, und damit den größten Erfolg im Retten von Menschenleben und der Bekämpfung von Krankheiten, ist eine klare Priorisierung der effektivsten Initiativen in der globalen Gesundheit. Glücklicherweise werden entsprechende Zahlen und Bewertungen seit einigen Jahren von unabhängigen Stellen erhoben, sodass die Politik auf dieser Basis die erwiesenermaßen wirksamsten Ansätze unterstützen kann.
Die Impfallianz Gavi und der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose & Malaria
Zu diesen wirksamsten Organisationen in der globalen Gesundheitspolitik zählen laut der Bewertungsorganisationen wie MOPAN und dem Qualitätsranking QuODA des Center for Global Development insbesondere Initiativen wie Gavi und der Globale Fonds. Sie sind herausragende Beispiele für erfolgreiche Gesundheitsprogramme, die pro eingesetztem Euro besonders viel bewirken. Beide Organisationen stehen vor wichtigen Replenishment-Konferenzen, bei denen es darum geht, die notwendige Finanzierung für die kommenden Jahre zu sichern. Deutschland muss dort als internationales Vorbild vorangehen, um die großen Potenziale zum Schutz von Millionen von Menschen zu verwirklichen!
Der Gesundheitssektor bietet zudem zahlreiche sog. „Best Buys“, besonders wirksame und kosteneffiziente Ansätze, die unterfinanziert sind. So können bspw. enorme Erfolge erzielt werden durch das Verbot von Blei in Farben und das Verteilen von Vitamin A Supplementen. Durch die Besteuerung gesundheitsgefährdender Produkte wie Alkohol und Nikotin kann neben dem Anreizeffekt, davon weniger zu konsumieren, Steueraufkommen zur Verwendung für das lokale Gesundheitssystem generiert werden. So können die Staaten ein nachhaltiges Gesundheitssystem aufbauen, das in Zukunft nicht mehr von der Finanzierungsbereitschaft externer Geldgeber*innen abhängig sein muss.
Krankheiten bekämpfen und Lebensqualität verbessern
Globale Gesundheitsinitiativen waren und sind entscheidend für die Bekämpfung von Krankheiten und die Verbesserung der Lebensqualität weltweit. Deutschland sollte weiterhin stark in diesen Bereich investieren und dabei den Fokus auf Effektivität legen. Die aktuelle Haushaltsdebatte bietet die Gelegenheit, unsere Prioritäten klar zu setzen und ein starkes Commitment zu evidenzbasierter und wirkungsorientierter Entwicklungszusammenarbeit zu bekräftigen. Denn: Nur durch ausreichende Finanzierung und den gezielten Einsatz von Ressourcen können wir sicherstellen, dass unsere Bemühungen effektiv sind und möglichst viele Menschenleben gerettet werden. Und genau das sollten wir von unseren Vertreter*innen in der Politik einfordern!