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Fünf Fragen an Kristina Lunz vom Centre for Feminist Foreign Policy

Heute geht es weiter mit unserer Interview-Serie, bei der wir spannenden Frauen und Männern Fragen rund ums Thema Geschlechtergerechtigkeit stellen. Diesmal stellen wir euch Kristina Lunz vor. Sie ist seit einigen Jahren als feministische Aktivistin aktiv und hat vor Kurzem das Centre for Feminist Foreign Policy gegründet, welches durch Forschung und Advocacy feministische Perspektiven in Welt der Außenpolitik trägt.

ONE: Brauchen wir im Jahr 2018 Feminismus? Warum?

Kristina Lunz: Ich wünschte nicht. Ich wünschte wir lebten in einer Gesellschaft, wo es für ein Mädchen wahrscheinlicher ist an eine Uni zu gehen als sexualisierte Gewalt und Belästigung zu erleben; wo Frauen auf offener Straße nicht das Kopftuch heruntergerissen wird; wo homosexuelle Paare wild auf offener Straße knutschen und Juden ihre Kippa tragen können, ohne Angst, geschlagen zu werden. Wo alle Frauen überall ihre Kinder stillen können und der weibliche Körper nicht mehr sexualisiert wird; wo Transpersonen so sorgenfrei leben können wie cis-Menschen. Aber in solch einer Gesellschaft lebt auf unserem Planeten niemand.

Deshalb brauchen wir Feminismus: um jegliche Form der Diskriminierung abzuschaffen. Damit wir alle frei sein können.

ONE: Welcher Politiker oder welche Politikerin kann Ihrer Meinung nach derzeit am meisten für die Rechte der Frauen bewegen?

Kristina Lunz: Einige! Und es werden immer mehr. Ich interessiere mich sehr für Außenpolitik und bin deshalb ein großer Fan von der schwedischen Außenministerin Margot Wallström. Sie führte 2014 in ihrem Land eine feministische Außenpolitik ein und hat damit Gleichberechtigung der Geschlechter als höchstes Ziel der schwedischen Außenpolitik erklärt. Damit nimmt sie eine beeindruckende Vorreiter*innen-Rolle ein und ist für mich eine echte Heldin.

ONE: Was sollte die Bundesregierung tun, um die Situation von Frauen und Mädchen voranzubringen?

Kristina Lunz: Da gibt es so viel, das würde das Interview sprengen. Aber mit diesen Dingen könnten sie anfangen: zum Einen Abtreibungen aus dem Strafgesetzbuch streichen und Paragraf 291a unverzüglich abschaffen; das ist der Paragraf, der es Ärzt*innen nicht erlaubt, Informationen über Abtreibungen anzubieten. Denn solange die Hälfte der Gesellschaft nicht über den eigenen Körper bestimmen kann, sind wir nicht frei.

Zum anderen ebenfalls eine feministische Außenpolitik in Deutschland einführen. Also eine Außenpolitik, die die menschliche Sicherheit statt nationalstaatlicher Interessen als Priorität definiert; die stets überlegt, welche Auswirkungen außenpolitische Entscheidungen auf *alle* Bevölkerungsgruppen haben – eben auch Frauen, deren Bedürfnisse und Lebensrealitäten seit Jahrhunderten wenig Beachtung finden in einer Gesellschaft, in der meist immer Männer die Macht innehaben.

ONE: Was ist Ihr persönlicher Rat an alle Menschen da draußen, die sich für die Rechte von Frauen und Mädchen einsetzen?

Kristina Lunz: Einfach tun. Loslegen, am besten noch heute. Ein erster Schritt kann Lesen sein, und zwar viel davon. Und dann aktiv werden, sich einer aktivistischen Gruppe anschließen, Texte schreiben, die Diskussion suchen, sich einbringen. Für ze.tt habe ich vor nicht allzu langer Zeit konkrete Tipps aufgeschrieben: 9 Tipps für angehende Aktivist*innen.

ONE: Es muss noch viel passieren, damit Frauen weltweit wirklich die gleichen Chancen haben wie Männer, aber selbst der längste Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Wo würden Sie anfangen?

Kristina Lunz: Ich habe schon angefangen, ob gegen den Sexismus in der BILD-Zeitung vorgehen, im Rahmen der ‚Nein heißt Nein‘-Kampagne Gesetze mit verändert, oder eben jetzt, durch die Gründung des Centre for Feminist Foreign Policy. Und wissen Sie was? Bei allen aktivistischen Tätigkeiten, die ich bislang unternommen hatte, traf ich auf viel viel mehr Nein-Sager*innen als Leute, die ebenfalls dachten, dass Veränderung möglich ist. Und bislang hatten meine Kolleg*innen und ich meistens Erfolg.

Damit möchte ich sagen: Beim Aktivismus und dem Einsatz für Menschenrechte sowie Gleichberechtigung geht es darum, dass wir, die Aktiven, uns eine Welt vorstellen können, die so noch nicht existiert. Viele Menschen profitieren jedoch von den aktuellen Ungerechtigkeiten und wollen nicht, dass sich etwas ändert. Weshalb Aktive immer und immer wieder auf Widerstand treffen. Das liegt leider in der Natur der Sache, so funktioniert wohl Aktivismus. Deshalb immer damit anfangen: mutig sein, aufstehen, das schier Unmögliche möglich machen wollen.

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