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ONE schlägt Alarm: US-Präsident Trump scheint bereit, den Kampf gegen Aids aufzugeben

Deutschland muss mit anderen Partnern Führungsrolle bei HIV/Aidsbekämpfung einnehmen

Washington/Berlin, 29. November 2017. Nachdem die US-Regierung über 15 Jahre parteiübergreifend erfolgreich eine Führungsrolle im Kampf gegen Aids eingenommen hat, scheint sie nun unter Donald Trump bereit zu sein, die ikonische rote Schleife gegen die weiße Fahne der Kapitulation zu tauschen. Davor warnt ONE in einem heute veröffentlichten Bericht im Vorfeld des Weltaidstages. Der Bericht untersucht wahrscheinliche Folgen der von Präsident Trump vorgeschlagenen Budgetkürzungen in Höhe von 800 Millionen US-Dollar für weltweite bilaterale Programme gegen HIV/Aids – PEPFAR, den President’s Emergency Plan For Aids Relief, eingeschlossen – und 225 Millionen US-Dollar für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. Auch Deutschlands Unterstützung für den Kampf gegen HIV/Aids ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Gerade angesichts der drohenden Kürzungen seitens der USA muss Deutschland diesen Trend umkehren und im Verbund mit anderen Partnern eine Führungsrolle im weltweiten Kampf gegen HIV/Aids einnehmen.

„Epidemiologisch ist es schlicht und ergreifend nicht möglich, die Ausbreitung der Krankheit zu stoppen, ohne die Anzahl der Menschen in Behandlung zu erhöhen und einen Anstieg der Infektionen zu verhindern – insbesondere in den Ländern, die am stärksten betroffen sind“, erklärt die Chefautorin des Berichts Jenny Ottenhof, Direktorin für Global Health Policy bei ONE. „Der Kampf gegen HIV/Aids kann gewonnen werden und wir kommen endlich an den Punkt, an dem wir der Krankheit einen Schritt voraus sein können, aber mit den von Präsident Trump vorgeschlagenen Budgetkürzungen für PEPFAR und den Globalen Fonds wird das nicht passieren.“

Der US-Direktor von ONE, Tom Hart, fügt hinzu: „Im weltweiten Kampf gegen Aids gab die amerikanische Führungsrolle immer Grund zur Hoffnung, aber jetzt scheint Präsident Trump willens, die ikonische rote Schleife gegen die weiße Fahne der Kapitulation zu tauschen.“ Es sei entscheidend, dass der Kongress weiter daran arbeite, die Mittel für den Kampf gegen Aids zurückzuholen und strenge Kontrolle ausübe, damit die Regierung im Kampf gegen Aids nicht einseitig aufgibt.

Mit Blick auf Deutschland fügt Stephan Exo-Kreischer, Direktor von ONE in Deutschland, hinzu: „Die von Präsident Trump vorgeschlagenen Kürzungen hätten katastrophale Auswirkungen für die Menschen, die mit HIV/Aids leben und für den globalen Kampf gegen HIV/Aids insgesamt. Die USA waren jahrelang Vorreiter bei der Bekämpfung der Epidemie. Das hat Deutschland nie aus der Verantwortung entlassen, doch gerade in der aktuellen Situation muss Deutschland die HIV/Aids-Bekämpfung wesentlich stärker unterstützen.“ Exo-Kreischer fügt hinzu: „Leider sieht es derzeit nicht danach aus, als wäre Deutschland bereit, in dieser schwierigen Situation einzuspringen und diesen gefährlichen Entwicklungen entgegenzuwirken. Die deutschen Mittel im Kampf gegen HIV/Aids sinken seit Jahren. 2010 stellte die Bundesregierung noch 305 Millionen US-Dollar zur Verfügung, im Jahr 2015 schon nur noch etwas mehr als 200 Millionen, und 2016 nur noch 182 Millionen – also fast 10 Prozent weniger als im Vorjahr.“

Der Bericht enthält u.a. folgende Kernaussagen:

  • Die von der Trump-Administration vorgeschlagenen Kürzungen von 800 Millionen US-Dollar für bilaterale HIV/Aids-Programme würden PEPFAR dazu zwingen, eine neue Strategie zu entwickeln, die innerhalb der nächsten 15 Jahre zu vier Millionen Todesfällen und 26 Millionen Neuinfektionen in Subsahara-Afrika führen könnte. Das beliefe sich auf über 790 Todesfälle und 4.800 Neuinfektionen pro Tag in der Region, die am stärksten von der Krankheit betroffen ist.
  • Die neue Strategie würde zu fast 200.000 zusätzlichen HIV-Infektionen im ersten Jahr der Implementierung führen, und zu rund 600.000 Neuinfektionen bis zum Jahr 2020 – was dem Niveau von 2011 entsprechen würde. Nur drei Jahre auf diesem Finanzierungsniveau bedeuteten also einen Rückschritt um neun Jahre.
  • In den Ländern, deren bilaterale Aids-Unterstützung durch die Vorschläge von Präsident Trump gekürzt werden, lebt knapp die Hälfte der HIV-positiven Menschen ohne Zugang zu Behandlungen. Insgesamt würden die Vorschläge von Donald Trump dazu führen, dass die komplette Unterstützung für folgende PEPFAR Partnerländer gestrichen würde: Brasilien, Dschibuti, Liberia, Mali, Nepal, Senegal und Sierra Leone. Für die folgenden 17 Länder hätten die Vorschläge Kürzungen zur Folge: Äthiopien, Afghanistan, Angola, Barbados und ostkaribische Inselstaaten, Burundi, Demokratische Republik Kongo, Indien, Indonesien, Kambodscha, Kamerun, Mosambik, Myanmar, Namibia, Papua Neu Guinea, Simbabwe, Südafrika, Ukraine.
  • Bis 2030 muss die Weltgemeinschaft die Anzahl der Menschen erhöhen, die eine Behandlung erhalten, um der Aids-Epidemie weit zuvorzukommen, bevor sich die junge Bevölkerung in Subsahara-Afrika (15-24-Jährige) verdoppelt. Die von der Trump-Administration vorgeschlagenen Budgetkürzungen würden eine Strategie für PEPFAR erfordern, welche die Anzahl der Menschen, die zusätzlich eine Behandlung erhalten, derart reduziert, dass das Ziel für 2020, 30 Millionen Menschen in Behandlung zu bringen, um 3,4 Millionen Menschen verfehlt würde.

Der diesjährige Bericht ist ONEs sechster Aidsbericht. Er trägt den Titel „Rote Schleife oder weiße Fahne? Die Zukunft der US-amerikanischen Rolle bei der globalen Aidsbekämpfung“. Der Bericht beleuchtet die beeindruckende Geschichte der USA im Kampf gegen HIV/Aids inklusive der erreichten Fortschritte und bestehender Herausforderungen. Vor allem aber schlägt der Bericht Alarm, dass die beunruhigenden Signale der Regierung den bisherigen US-Kurs hin zu einem Ende von Aids stark abändern könnten. In dem Bericht heißt es: „Die Welt steht kurz davor, Aids zu besiegen, und die US-amerikanische Führungsrolle in diesem Kampf wird eines Tages das Ende der Krankheit zur Folge haben.“ Doch: „Eine Verlangsamung heißt nicht einfach nur, dass das Ende von Aids später erreicht wird, es gerät dadurch außer Reichweite, weil die Krankheit zurückkehrt.“

Aktuell leben 36,7 Millionen Menschen weltweit mit HIV/Aids, 25,5 Millionen (69 Prozent) leben in Subsahara-Afrika. Als PEPFAR ins Leben gerufen wurde starben jeden Tag 5.000 Menschen an Aids und es gab täglich 7.000 Neuinfektionen. Heute unterstützt PEPFAR über die Hälfte aller Menschen, die weltweit eine Behandlung bekommen und hat in den letzten 15 Jahren über 11 Millionen Leben gerettet.

ONE ist eine entwicklungspolitische Lobby- und Kampagnenorganisation zur Bekämpfung von extremer Armut und vermeidbaren Krankheiten, insbesondere in Afrika. Im Dialog mit der Öffentlichkeit und politischen Entscheider*innen setzt sich ONE für kluge und effektive Politikansätze und Programme ein, um Aids und andere vermeidbare Krankheiten zu bekämpfen, Investitionen in Landwirtschaft und Ernährung zu erhöhen und mehr Transparenz bei Maßnahmen zur Armutsbekämpfung zu schaffen. Mehr als 8 Millionen Menschen weltweit unterstützen die überparteiliche Arbeit von ONE mit ihrer Stimme. Mehr Informationen gibt es auf www.one.org und auf Twitter: @ONEDeutschland

Pressekontakt:

Scherwin Saedi: 030/319 891 578, 0152/0377 14 29; [email protected]

Karoline Lerche: 030/319 891 576; 0173/249 0 094; [email protected]