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Vor Anti-Korruptions-Gipfel in London: ONE fordert Transparenz ohne Tricks

Heiko Maas muss sich für öffentliches Transparenz-Register stark machen

60 ONE-Jugendbotschafter fordern "Bedingungslose Transparenz“ für Register über wirtschaftlich Berechtigte, vor dem Brandenburger Tor
60 ONE-Jugendbotschafter fordern “Bedingungslose Transparenz“ für Register über wirtschaftlich Berechtigte, vor dem Brandenburger Tor

Berlin, 9.5.2016. Anlässlich des Anti-Korruptions-Gipfels, der am 12. Mai in London stattfindet, fordert ONE die Bundesregierung auf, endlich ihre Blockadehaltung aufzugeben und sich zur Einführung eines öffentlichen Registers über die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen und Trusts zu verpflichten. Entwicklungsländer verlieren jedes Jahr mindestens 750 Milliarden Euro durch illegale Finanzflüsse. Wenn nur ein Teil dieses Geldes versteuert und die Einnahmen in entwicklungspolitische Maßnahmen gesteckt würden, könnte dies armen Ländern helfen, den Kampf gegen die extreme Armut selbst zu finanzieren.

Der Anti-Korruptions-Gipfel in London bietet jetzt eine Gelegenheit, dass sich Regierungsvertreter, Wirtschaftsvertreter und Repräsentanten der Zivilgesellschaft auf ein Maßnahmenpaket zur effektiven Bekämpfung von Geldwäsche und illegaler Steuerhinterziehung einigen. ONE fordert Heiko Maas, der als Vertreter der Bundesregierung an dem Gipfel in London teilnehmen wird, auf, sich für ein öffentliches Register der wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen und Trusts einzusetzen und ein solches Register in Deutschland schnellstmöglich einführen. Auch der Koalitionsvertrag sieht die Einrichtung öffentlicher Register vor.

Tobias Kahler, Deutschland-Direktor von ONE, sagt: „Die Panama-Papers haben das Problem noch einmal verdeutlicht: Die Tatsache, dass es möglich ist, die wahren Strippenzieher und Profiteure von Unternehmen und Trusts im Geheimen zu lassen, kann Geldwäsche von illegalen Gewinnen sowie illegale Steuerhinterziehung massiv erleichtern. Korrupte Individuen wissen, dass sie ihre Identität hinter anonymen Scheinfirmen verstecken können – Transparenz ist das beste Gegenmittel. Mit einem öffentlichen Transparenzregister würden die wahren Eigentümer von Briefkastenfirmen sichtbar und im Falle von illegalen Aktivitäten auch strafrechtlich verfolgbar.”

Die 4. Antigeldwäscherichtlinie der EU schreibt zwar ein Register der wirtschaftlich Berechtigten vor. Der Einblick in dieses Register ist jedoch bisher in erster Linie Ermittlungsbehörden und Banken vorbehalten. Die Öffentlichkeit muss ein „berechtigtes Interesse” nachweisen, um die Informationen einsehen zu können. ONE und andere zivilgesellschaftliche Organisationen fordern, dass die Informationen allen Bürgern zugänglich sein sollen – nur so können Journalisten und Zivilgesellschaft mit dazu beitragen, Verdachtsfälle aufzudecken und Mittel für die nationalen Haushalte wiederzugewinnen, die beispielsweise in Gesundheitssysteme oder Bildung investiert werden können. Dazu sagt Tobias Kahler: „Jeder hat ein berechtigtes Interesse zu wissen, wer sich hinter Scheinfirmen versteckt. Gerade die Ärmsten sind stark betroffen: Entwicklungsländern werden durch Scheinfirmen, Korruption und Steuerhinterziehung jährlich über 750 Milliarden Euro entzogen. Mit diesem Geld könnten die Länder ihre Gesundheitssysteme stärken und wirtschaftliche Chancen eröffnen, um Millionen Menschen aus der Armut zu befreien.“

Die Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU muss bis 2017 von allen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Den Mitgliedstaaten steht es frei, das Register öffentlich zugänglich zu machen. Frankreich und Großbritannien haben dies getan. Deutschland wehrt sich dagegen.

Hinweise für die Redaktionen:

Vor Ort in London stehen Ihnen Sprecher von ONE für Interviews und Hintergrundinformationen zur Verfügung. Dazu kontaktieren Sie bitte Chris Mitchell unter 0044 –(0) 79010067 oder [email protected]

Hintergrundinformationen

Die Informationen aus den Panama-Papers halfen dabei, herauszufinden, wie viel Geld von korrupten Politikern in Städten wie London oder Paris investiert wurde. Drei Fallbeispiele:

  • James Ibori, der ehemalige Gouverneur des ölreichen nigerianischen Bundesstaats Delta, verbüßt zurzeit eine 13-jährige Haftstrafe in Großbritannien, weil er der Geldwäsche und dem Betrug in zehn Fällen schuldig gesprochen wurde. Über geheime Mantelfirmen besaß er sechs Immobilien in London. Darunter waren eine Wohnung gegenüber den Abbey Road Tonstudios und ein Haus mit sechs Schlafzimmern und Innenpool in Hampstead, das im Jahr 2001 einen Wert von 2,2 Millionen Britischen  Pfund gehabt hat. Mit dem heutigen Gegenwert dieses Hauses könnten 230.000 nigerianische Kinder gegen sieben tödliche Krankheiten geimpft werden. (Quelle: http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-17739388; Berechnung: ONE nutzt den Wert 19,73 Euro pro Impfeinheit und Kind um gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten Hepatites B, Meningitis, Lungenentzündung und die Durchfallkrankheit zu schützen. Gavi, die Impfallianz (2014) CEO Board Report, http://www.gavi.org/About/Governance/GAVI-Board/Minutes/2014/10-Dec/Presentations/03—CEO-presentation/)
  • Dan Etete, der ehemalige Ölminister von Nigeria, war darin verwickelt, einen Geldtransfer über 1,1 Milliarden US-Dollar zu ermöglichen. Über eine Scheinfirma, die Etete anonym gehörte, wurde ein Öl-Deal (OPL 245 deal) abgewickelt,  dessen Gewinne auf einem Konto der Natwest Bank in London landeten. Davon hat er sich 15 Millionen Euro auf betrügerischem Wege selbst angeeignet und zwischen 1999 und 2000 mehrere Anwesen in Frankreich gekauft. Unter diesen Immobilien war ein Chateau im Nordwesten Frankreichs im Wert von 1,1 Millionen Euro, ein Appartement in Paris, das 1,8 Millionen Euro wert war und eine luxeriöse Villa in der Pariser Vorstadt Neuilly im Wert von 4,3 Millionen Euro. Diese Werte zusammengenommen könnten antiretrovirale Medikamente für über 370.000 mit HIV/Aids infizierte Nigerianer bezahlen. (Quelle: http://www.africa-confidential.com/article-preview/id/5806/ENI_in_the_cross-hairsBerechnung: ONE benutzt den Preis von 92 US-Dollar für die antiretroviralen Medikamente, die ein mit HIV/Aids erkrankter Mensch pro Jahr für die Behandlung benötigt. PEPFAR (2014) Report on Costs of Treatment in the President’s Emergency Plan for AIDS Relief, http://www.pepfar.gov/documents/organization/223163.pdf)

Methodische Ansätze (detailliert) für die Berechnungen finden Sie hier:  https://cdn.one.org/de/wp-content/uploads/2016/05/09110236/Methodische-Ans%C3%A4tze.pdf

ONEs Aktivitäten rund um den Anti-Korruptionsgipfel:

  • Am 5. Mai organisierte ONE ein Vorbereitungstreffen in Abuja, bei dem das nigerianische Justizministerium, die Open Society Initiative for Westafrika (OSIWA) und andere regionale Partner zusammengebracht wurden. Mwambu Wanendeya, Afrikadirektor von ONE, sprach auf dieser Veranstaltung.
  • Weiterhin organisierte ONE am 5. Mai ein Side-Event zum Regionaltreffen der Open Gouvernment Partnerschaft in Kapstadt organisiert. Mo Ibrahim, Vorstandsmitglied von ONE, sprach auf der Veranstaltung „A Fair Play Standard: Ending Corruption and Illicit Financial Flows“.
  • Adrian Lovett, Interims-Präsident und Hauptgeschäftsführer von ONE, wird bei der Veranstaltung „Tackling Corruption Together“ am 11. Mai im Londoner Marlborough House sprechen.
  • Jamie Drummond, Mitbegründer von ONE, wird beim Weltwirtschaftsforum zu Afrika am 13. Mai in Kigali zum Thema „Korruption und der private Sektor“ sprechen.
  • Diese Aktivitäten verfolgen das gemeinsame Ziel, diverse Kampagnenpartnerschaften gegen Korruption zu stärken, damit Zivilpersonen, Regierungen und der private Sektor besser zusammenarbeiten können, um besser gegen Korruption vorgehen zu können.