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Vor UN-Ebola-Konferenz: ONE bemängelt Überprüfbarkeit von Ebola-Hilfen und fordert standardisiertes Berichtswesen

Berlin/Washington, 07. Juli 2015. Wenige Tage vor der UN Ebola Recovery Conference, die Donnerstag und Freitag in New York stattfindet, veröffentlicht ONE den neuen Kurzbericht „When losing track means losing lives“ und ruft dazu auf, bessere, transparentere Berichtstandards zu entwickeln.

Der Bericht fasst die Erkenntnisse der vergangenen Monate zusammen, in denen ONE versucht hat, nachzuvollziehen, wer was im Kampf gegen Ebola leistet. Als die Ebola-Krise im vergangenen Herbst dramatische Ausmaße annahm und der Druck auf die internationale Gemeinschaft rapide wuchs, beeilten sich Regierungen, Stiftungen und Philanthropen, Mittel für die Bekämpfung von Ebola zuzusagen. ONE und andere Organisationen versuchten aufzuzeichnen, welche und wie viele Mittel von den Regierungen zugesagt und ausgezahlt bzw. eingesetzt wurden. Es zeigte sich, dass es äußerst schwierig bis unmöglich war, dies zu überprüfen, weil die Berichtsprozesse und -standards uneinheitlich, ineffizient und häufig unklar sind. Dies ist Inhalt des neue Berichts von ONE, den sie als PDF hier herunterladen können (englischsprachig).

“Eine der grundlegenden Fragen bei einer humanitären Krise ist: ‚Wie viel Geld wurde zugesagt, um die Not zu lindern?‘ Ebola hat uns gezeigt, dass diese Frage unglaublich schwierig zu beantworten ist, und das ist ein Riesenproblem!“, sagt die Co-Autorin des Berichts und Direktorin Globale Gesundheit von ONE, Erin Hohlfelder. „Wenn wir nicht wissen, was wirklich zugesagt und ausgezahlt wurde, kann auch niemand wissen, was vor Ort benötigt wird und passende Hilfe kann nicht bereitgestellt werden. Es ist also schwierig, zu identifizieren, wo welche Hilfe nötig ist. Wir riskieren also immer, Zeit, Ressourcen und Leben zu verlieren.”

Auswärtiges Amt sollte an Aid Transparency Initiative (IATI) berichten 

„Wenn die Weltgemeinschaft einer humanitären Krise wie Ebola trotzen will, müssen Großzügigkeit und Überprüfbarkeit Hand in Hand gehen“, unterstreicht Tobias Kahler, Deutschlanddirektor von ONE. „Wir haben mit verschiedenen Partnern über sechs Monate zusammengearbeitet und die internationalen Zusagen zur Ebola-Bekämpfung dokumentiert, damit die Welt sicher sein konnte, dass die Versprechen gehalten werden. Hier ging es darum, Leben zu retten. Der Zugang zu Technologie und Daten ist heute einfach wie nie, wir können sicherlich bessere Ergebnisse liefern. Aber solange die globalen Tracking-Systeme nicht modernisiert und transparenter sind, werden wir auch in künftigen humanitären Krisen immer dieselben Fehler machen.“ Kahler sieht Deutschland in der Pflicht, freiwillig mehr Daten an Transparenz-Initiativen zu übermitteln: „Im Aid Transparency Index 2014 belegt das Auswärtige Amt einen der letzten Plätze. Daten-Transparenz kann in der Entwicklungszusammenarbeit Leben retten, das Auswärtige Amt sollte also aktiv werden und ihre Daten nach IATI-Standard übermitteln. Das Entwicklungsministerium ist hier in der Vergangenheit mit gutem Beispiel vorangegangen. Allerdings bestehen weiterhin Transparenzlücken, da das BMZ vor allem die Finanzflüsse seiner Vorhaben vorlegt, nicht aber deren Zielstellung und Ergebnisse. Das BMZ darf sich nicht auf seinem vergleichsweise guten Transparenz-Ranking ausruhen, sondern sollte die Transparenz weiter erhöhen.“

Der Bericht zeigt exemplarisch die Probleme des aktuellen Systems

Die Höhe einer Zusage, welche die Geber meldeten, variierte regelmäßig, je nachdem an welche Stelle sie berichteten und was als Zusage gewertet wurde. Zwei Beispiele:

  • Im April 2015 wurde die Höhe der deutschen Zusagen und Auszahlungen von vier verschiedenen Tracking-Systemen vier Mal unterschiedlich ausgewiesen. Die Höhen variierten um bis zu 100 Millionen US-Dollar.
  •  Die Finanzzusagen der Schweiz nahmen auf einer Seite, welche die Zusagen auflistete, im Verlauf der Krise ab.

Es herrschte Verwirrung darüber, wie Sachmittel und deren Verteilung gezählt werden sollen. Zwei Beispiele:

  • China zählte Sachmittel im Wert von 30 Millionen US-Dollar zu ihren Finanzzusagen. Die USA und Großbritannien zählten Militärkosten hinzu, und Dänemark und die Niederlande zählten die Kosten für die Schiffe, welche die Sachmittel ins Krisengebiet brachten hinzu, nicht aber die Sachmittel selbst.
  • Die Australische Regierung hat im April angekündigt, dass sie knapp 8 Millionen US-Dollar rückgeleitet hätten. Der Ebola-Ausbruch war zu diesem Zeitpunkt noch nicht besiegt.

„Ohne Klarheit über die Auszahlungen bleibt es schwierig, die Höhe der nötigen Hilfen abzuschätzen, um angemessen auf einen Notfall reagieren zu können“, stellt der Bericht fest. „Dies kann zwei unerwünschte Folgen haben: Einerseits kann es sein, dass wiederholt die Bitte kommt, weitere Zusagen zu machen, obwohl ein Geber Mittel bereits zugesagt hat, dies jedoch nicht berichtet, veröffentlicht oder sie ausgezahlt hat. Oder die Geber nehmen fälschlicherweise an, dass die Finanzierung gesichert ist, was wiederum zu einer Unterfinanzierung führen kann.“

Der Bericht von ONE fordert die Entwicklung eines modernen Tracking-Systems, das eindeutige Informationen über Finanzzusagen in Krisen sammeln und ausgeben kann. Außerdem sollten Geber klarere und einheitliche Daten zu Zusagen und Auszahlungen bereitstellen.

Andere Forscher haben die Tracking-Systeme, welche nach dem Tsunami im Indischen Ozean (2004) und dem Erdbeben in Haiti (2010) benutzt wurden, untersucht und ganz ähnliche Probleme gefunden, die bisher nicht angegangen wurden. „Die Geschichte zeigt, dass es einfacher ist, Fehler zu wiederholen als in langfristige Lösungen zu investieren, welche Überprüfbarkeit fördern, wenn eine Krise entsteht“, so der Bericht.