Als Teil ihres COVID-19-Aktionsplans haben sich die G20 darauf geeinigt, die Schuldenrückzahlungen für die am stärksten von Armut betroffenen Länder für den Rest des Jahres 2020 bei Beantragung auszusetzen. Die G20-Finanzminister*innen schätzen, dass dadurch bis zu 12 Milliarden US-Dollar an Staatsschuldenzahlungen frei werden könnten. Darüber hinaus fordern die G20 die Weltbank und den Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie private Kreditgeber auf, einen vergleichbaren Schuldenerlass zu gewähren.
Diese Entscheidung folgt den Aufrufen von ONE und 200 weiteren Organisationen, die sich während der COVID-19-Pandemie für die am stärksten gefährdeten Länder der Welt einsetzen. Sie soll den Ländern dabei helfen, ihre Gesundheitssysteme und Reaktionspläne zu priorisieren.
Morgen verhandeln Finanzminister*innen der #G20 einen Aktionsplan, um die negativen Folgen von #COVID19 einzudämmen. Wir fordern einen Aktionsplan mit 1. Konjunkturprogramm; 2. Medizinische Versorgung & 3. Humanitäre Hilfe für #Afrika @OlafScholz @BMF_Bund https://t.co/54Zg74EJYY
— ONE in Deutschland (@ONEDeutschland) April 14, 2020
Die Länder mit den geringsten Ressourcen benötigen eine massive Finanzspritze, um effektiv auf die Pandemie reagieren zu können. Beim Schuldenerlass geht es nicht um Wohltätigkeit – es geht um Solidarität und kluge Lösungen.
Warum ist der Schuldenerlass so wichtig?
Während die Länder sich mit COVID-19 und seinen wirtschaftlichen Auswirkungen auseinandersetzen, sollten die Staats- und Regierungschef*innen nicht vor eine unmögliche Wahl gestellt werden: Wollen sie die Gelder zur Unterstützung ihrer Bürger nutzen oder ihre ausstehenden Schulden zurückzahlen?
Weltweit geben 64 Länder – darunter 30 in Subsahara-Afrika – mehr für die Rückzahlung von Schulden aus als für Investitionen in die öffentliche Gesundheit. Besonders krass: Gambia gibt neunmal mehr für die Schuldentilgung aus als für seinen Gesundheitshaushalt.
Die Aussetzung der Schulden – und damit der Verbleib der Mittel in den Ländern, damit sie für Nothilfemaßnahmen ausgegeben werden können – ist eine der schnellsten, einfachsten und sinnvollsten Möglichkeiten, die am stärksten gefährdeten Nationen der Welt während dieser globalen Pandemie zu unterstützen.
Was muss als Nächstes geschehen?
Die Entscheidung der G20, die Schuldenzahlungen auszusetzen, ist die Art von rascher Führung, die wir brauchen, um COVID-19 global zu bekämpfen. Das ist ein riesiger erster Schritt, aber es ist noch viel mehr nötig!
Die gesamten Schuldenzahlungen für die 77 ärmsten Länder sind im Jahr 2020 mindestens 48 Milliarden US-Dollar wert. Die heutige Vereinbarung der G20, die Zahlungen an Regierungen (oder bilaterale Schulden) für den Rest des Jahres auszusetzen, wird auf etwa 12 Milliarden US-Dollar geschätzt. Ungefähr ein Viertel der Schuldenzahlungen sind privaten Gläubigern (Banken und Anleihegläubigern) geschuldet, weitere 25% gehen an multilaterale Institutionen wie den IWF und die Weltbank.
Um sicherzustellen, dass der Schuldenerlass wirklich Mittel freisetzt, die für die Reaktionsbemühungen im Rahmen von COVID-19 ausgegeben werden können – und nicht nur für die Bezahlung anderer Gläubiger – muss ein ähnlicher Schuldenerlass von multilateralen Kreditgebern und Privatbanken erfolgen.
Dieser Plan erstreckt sich auch auf die ärmsten Länder, lässt jedoch jene aus, die noch anfällig sind und möglicherweise Unterstützung benötigen, wie Südafrika, Ägypten, Marokko und andere. Die afrikanischen Finanzminister*innen haben gefordert, dass der Schuldenerlass für alle afrikanischen Länder gelten soll. Denn: wenn ein Land anfällig ist, betrifft es alle Länder.
Wir brauchen auch einen längerfristigen Plan, um die Schulden über die Pandemie hinaus umzuschulden. Die Freistellung der Schuldenzahlungen in diesem Jahr wird kurzfristig helfen, aber die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Virus werden noch lange danach andauern. Viele der am stärksten gefährdeten Länder der Welt werden weiterhin mit den steigenden Schuldenkosten zu kämpfen haben. Diese Schuldenaussetzung sollte daher zumindest auf das Jahr 2021 ausgedehnt werden. Dann brauchen wir einen umfassenden Umschuldungsprozess, der für einige der ärmsten Länder einen Schuldenerlass beinhalten kann.