G20: ONE fordert grundlegende Reform der Weltbank sowie ständigen Sitz für die Afrikanische Union
Exo-Kreischer: “Weltbank scheut Risiko wie der Teufel das Weihwasser”
Berlin, 23. Februar 2023. Vor dem heute beginnenden Treffen der G20-Finanzminister*innen in Neu-Delhi ruft die Entwicklungsorganisation ONE die G20 auf, die Weltbank und andere Entwicklungsbanken zu reformieren. Konkret fordert ONE die G20 auf, den 5-Punkte-Plan der G20-Expert*innen-Gruppe zur Weltbankreform umzusetzen, um multilaterale Entwicklungsbanken (MEBs) für die gegenwärtigen Herausforderungen fit zu machen. Darüber hinaus spricht sich ONE für die Forderung der Afrikanischen Union nach einem ständigen Sitz im Kreis der G20 aus.
Stephan Exo-Kreischer, Direktor von ONE Deutschland, sagt: „Der Wiederaufbau der Ukraine, die bessere Vorbereitung auf zukünftige Pandemien, die Bewältigung des Klimawandels – um das alles zu finanzieren, müssen wir sehr viel Geld in die Hand nehmen. Die gute Nachricht: Das Geld ist da. Die schlechte: Wir lassen es auf dem Konto. Es gibt Stellschrauben, die ermöglichen, dass Entwicklungsbanken wie die Weltbank deutlich mehr Investitionen tätigen können als bisher – und zwar ohne neue Einzahlungen durch die Geberstaaten. Traditionell scheut die Weltbank Risiken wie der Teufel das Weihwasser – das muss sich ändern. Zudem muss die Weltbank stärker auf ihr sogenanntes abrufbares Kapital zugreifen als bisher. Die bisherige Politik führt leider dazu, dass viele möglichen und notwendigen Projekte und Initiativen auf der Strecke bleiben. Der Status Quo wird die Welt und Deutschland teuer zu stehen kommen. Um Finanzminister Christian Lindner zu zitieren: Wie es ist, darf es nicht bleiben.”
Diese fünf Schritte müssen die G20-Staaten unternehmen, um Entwicklungsbanken wie die Weltbank zu reformieren:
- Mehr Risiko:
Die Geschäftsleitung und die Verwaltungsräte der MEBs sind sehr vorsichtig. Ihre Risikobewertungen werden stark von den Methoden der Rating-Agenturen beeinflusst, die das abrufbare Kapital dieser Banken nicht vollständig berücksichtigen. Die MEBs sollten bessere interne Risikobewertungen erstellen. - Anerkennung von abrufbarem Kapital:
Die MEBs halten zwei Billionen US-Dollar in Form von abrufbarem Kapital. Das sind Garantien, dass die Aktionäre einspringen werden, wenn die Banken Schwierigkeiten haben, ihre Schulden zu bedienen. Dies entspricht 90 Prozent ihrer Mittel, wird aber meistens nicht bei Risikobewertungen berücksichtigt. - Erneuern:
Die Teilung des Risikos mit kommerziellen Partnern durch Innovationen wie die “Room2Run”-Initiative könnte Spielraum bei der Kreditvergabe freisetzen, ohne dass neues Kapital benötigt wird. Bei dieser Art von Innovationen wird ein Teil des Risikos eines Kreditblocks gegen eine Gebühr auf eine Gruppe von Investoren übertragen, wodurch neuer Spielraum für die Kreditvergabe geschaffen wird. - Verbesserung der Ratingagentur-Bewertungen:
Die drei großen Rating-Agenturen der Welt (Moody’s, S&P und Fitch) geben Ratings ab, die die Kosten der Kreditaufnahme auf den internationalen Märkten beeinflussen. Die drei Agenturen verwenden unterschiedliche Methoden, um diese Ratings zu ermitteln – mit teilweise sehr unterschiedlichen Ergebnissen. S&P Global ist der Ansicht, dass die MEBs ihr Kreditportfolio fast verdreifachen könnten, ohne ihr AAA-Rating zu verlieren, während Fitch den Standpunkt vertritt, dass sich eine Änderung des Kreditportfolios der MEBs wie z. B. der verstärkte Einsatz von abrufbarem Kapital negativ auf ihr Kreditrating auswirken könnte. Eine Standardisierung des Ansatzes könnte viel mehr Spielraum bei der Kreditvergabe schaffen. - Erhöhung der Transparenz:
Eine bessere Offenlegung und Harmonisierung der Daten würde den Anteilseignern der MEBs, den Rating-Agenturen und den privaten Anlegern helfen, das Risiko von Krediten genauer zu beurteilen. Eine Analyse der verfügbaren Daten zeigt, dass der Status als bevorzugter Gläubiger eine große Rolle spielt: Das Ausfall- und Verlustrisiko ist bei MEB-Krediten viel geringer als bei Krediten an dieselben Kreditnehmer durch Geschäftsbanken.
Zu einem zusätzlichen G20-Sitz für die Afrikanische Union sagt Exo-Kreischer: “Wenn globale Institutionen für die Zukunft gerüstet sein wollen, müssen sie die globalen Verhältnisse besser repräsentieren. An Afrika führt kein Weg vorbei. Seine Bevölkerung wird sich bis 2050 auf 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln und der Kontinent ist maßgeblich von den Entscheidungen der G20-Staaten betroffen. Daher ist es nur logisch, dass die Menschen in Afrika dort repräsentiert werden müssen. Wir fordern einen ständigen Sitz für die Afrikanische Union im Kreise der G20-Staaten.”
ONE ist eine internationale Bewegung, die sich für das Ende extremer Armut und vermeidbarer Krankheiten bis 2030 einsetzt. Damit jeder Mensch ein Leben in Würde und voller Chancen führen kann. Wir sind überparteilich und machen Druck auf Regierungen, damit sie mehr tun im Kampf gegen extreme Armut und vermeidbare Krankheiten, insbesondere in Afrika. Zudem unterstützt ONE Bürger*innen dabei, von ihren Regierungen Rechenschaft einzufordern. Informationen zu unserer Arbeit finden Sie auf www.one.org.
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